Konkurrenzverbot – Kein Anspruch nach § 7 Abs 2 AngG gegen eine vom Angestellten gegründete GmbH
Verstößt ein Angestellter gegen das Konkurrenzverbot des § 7 AngG, indem er Geschäfte seines Arbeitgebers ohne dessen Zustimmung über eine von ihm neu gegründete Gesellschaft abwickelt, hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Herausgabe der bezogenen Vergütungen gegen die GmbH, über die die Geschäfte abgewickelt wurden. Zu diesem Ergebnis kam der OGH in einer aktuellen Entscheidung (OGH 07.04.2020, 4 Ob 234/19v).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende und die beklagte GmbH sind beide in der Güterbeförderung tätig. Der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der beklagten GmbH war zuvor gleichzeitig auch Prokurist der klagenden GmbH; er war Gründer der beklagten GmbH. Die klagende GmbH behauptet nun, der Angestellte habe vor Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Klägerin zahlreiche Geschäfte der Klägerin ohne ihr Einverständnis über die beklagte GmbH abgewickelt und so gegen das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG verstoßen. Die Klägerin brachte ihre Klage aber nicht gegen den (ehemaligen) Arbeitnehmer, sondern gegen die von diesem gegründete GmbH ein und erhob verschiedene Ansprüche, wie auf Leistung von durch die beklagte GmbH vereinnahmten Beträgen und die Abtretung der Geschäfte, die auf einen Verstoß des Geschäftsführers der Beklagten gegen § 7 AngG zurückzuführen seien.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren im Wesentlichen ab. Das Konkurrenzverbot des § 7 AngG sei eng auszulegen. Eine Gesetzeslücke, die allenfalls darin gesehen werden könne, dass § 7 AngG keine Haftung (und Passivlegitimation) eines Dritten vorsehe, sei nicht zu erkennen. Allfällige Ansprüche des Arbeitgebers, die sich auf § 7 Abs 2 AngG stützen, richteten sich nur gegen den Angestellten selbst, nicht hingegen auch gegen den (neuen) Arbeitgeber des allenfalls treuwidrig handelnden Angestellten.
Der OGH bestätigte dies in seiner Entscheidung.
Er führt dazu aus, dass § 7 Abs 1 AngG das Verbot enthält, ohne Bewilligung des Dienstgebers ein selbstständiges kaufmännisches Unternehmen zu betreiben oder in dem Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte zu machen. Das Gesetz umfasse damit zwei verschiedene Tatbestände: Während das Wettbewerbsverbot im Sinne des § 7 Abs 1 zweiter Tatbestand AngG den Arbeitgeber vor unerwünschter Konkurrenz durch den Arbeitnehmer im eigenen Geschäftszweig schützen soll, zielt das Verbot des Betriebs eines selbstständigen kaufmännischen Unternehmens im ersten Teil der Bestimmung vor allem darauf ab, dem Arbeitgeber die volle Arbeitskraft seines Angestellten und die uneingeschränkte Vertretung der Interessen des Betriebs zu sichern (siehe auch OGH 30.04.2012, 9 ObA 42/12k).
Als Sanktion kommt eine Entlassung des Dienstnehmers nach § 27 Z 3 AngG in Betracht. Außerdem sieht § 7 Abs 2 AngG vor, dass der Dienstgeber vom Dienstnehmer Ersatz des verursachten Schadens fordern oder stattdessen verlangen kann, dass die für Rechnung des Angestellten gemachten Geschäfte als für seine Rechnung geschlossen angesehen werden. Er kann auch die hierfür bezogene Vergütung oder die Abtretung des Anspruchs auf Vergütung begehren. Ansprüche des Dienstgebers gegen Dritte sind der Bestimmung des § 7 Abs 2 AngG – auf die sich die Klägerin allein stützt – allerdings nicht zu entnehmen.
Die Klägerin machte in der Revision im Wesentlichen geltend, das vom Angestellten gegründete Unternehmen sei in die Position des Angestellten „eingetreten“. Dieser Ansicht erteilte der OGH eine Absage:
Bei einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH sei klar zwischen der juristischen Person und deren Gesellschafter und Organen zu unterscheiden. Juristische Person und Gesellschafter seien verschiedene Rechtssubjekte und daher auseinanderzuhalten. Die Rechtsansicht, dass bei Gründung einer GmbH diese in die Position des Angestellten eintrete und dann an das Konkurrenzverbot des § 7 AngG gebunden sei, findet im Gesetz keine Deckung. Es sei bereits aus dem klaren Wortlaut des § 7 AngG abzuleiten, dass das Konkurrenzverbot den Dienstnehmer, nicht aber Dritte binde. Der OGH ließ zwar erkennen, dass es allenfalls Ausnahmen von diesem Grundsatz geben könne, wie zum Beispiel das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts oder von Kollusion. Er beschäftigte sich aber nicht weiter damit, da die Klägerin ohnehin kein entsprechendes Vorbringen erstattet hatte.
Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung, dass in derartigen Fällen jedenfalls der (ehemalige) Dienstnehmer in Anspruch genommen werden sollte, auch wenn dann kein Eintritt in die (von der GmbH und nicht vom Arbeitnehmer) verbotswidrig abgeschlossenen Geschäfte erfolgen kann. Die angedeuteten Ausnahmen, in denen auch ein Dritter (die vom Arbeitnehmer gegründete GmbH) an § 7 AngG gebunden sein soll, wurden vom OGH nicht näher spezifiziert und sind uE auch schwer darstellbar. Ob dafür der Nachweis, dass die GmbH nur zum Zwecke der Ausübung einer gegen § 7 AngG verbotenen Tätigkeit gegründet wurde, ausreicht, ist unklar.
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