Vier Fälle und ein Webinar
Der Fall. Selten ist der 30. April eine Zäsur – heuer geht es in diese Richtung. Die Betretungsverbote (der Umgang spricht von Verkehrsbeschränkungen) enden formaljuristisch mit heute 24:00 Uhr. So steht es jedenfalls im elektronischen Bundesgesetzblatt (digitalisiert, ganz im Sinne der Zeit). Bevor Sie sich aber auf den Weg machen: Auf der Wiener Ringstraße darf auch am 1. Mai nicht in großer Menschenansammlung demonstriert werden. Auch mit kleineren genehmigten Versammlungen wird der Tag der Arbeit dieses Jahr nicht zum Fest. Und mit Mund-Nasen-Schutz lässt es sich einfach schlecht pfeifen – also im Stillen oder im Internet. Unternehmer würden dieser Stunden auch gerne wissen, welche gelockerten Schranken für ihre Betriebe noch gelten werden (10m² pro Person und Mund-Nasen-Schutz-Pflicht?). Im Laufe des heutigen Abends soll ja noch eine neue Verordnung kundgemacht werden, die diese Frage klären soll*. In der Krise hechelt das Recht den Politikern hinterher. Es wird schon richtig sein, was die Regierungsmitglieder proklamieren. Was für das Private nicht so recht geklappt hat (es war ja ohnehin nie verboten …), wird ja wohl fürs Business gelten. Vertrauen gilt als neue Maßregel für vorausschauendes Wirtschaften, aber das kann in diesen Stunden schwierig sein.
Der Ausfall. Gastgewerbe und Beherbergungsbetriebe dürfen beim Geschäft auch noch zuwarten. Der Restaurantbesuch wird in nächster Zeit ohnehin ungewohnt. 23:00 Uhr wird die neue Sperrstunde für Nachtschwärmer – eine Initiative des Gesundheitsministers. Auch die Herbergsanbieter erwarten unrund unsere liebsten Nachbarn (ja, gen Norden schauen). Ob sie es über die Grenze schaffen, ab Juni?
Die Fall-Zahlen. Jede Zeit verursacht Macken. Wir Österreicher(-Innen) sind ja in der Normalität die besten Fußball-Teamchefs und Schifahrer, in einer Gesundheitskrise aber zweifellos gefeierte Epidemologen und Viral-Experten. War ein shut-down nie notwendig? Die Statistik ist doch großartig. Die wahren Kenner nennen das Präventionsparadox, Logiker sprechen von hindsight bias. Und trotzdem fragen wir uns, ob der nächste pandemische Virus auch noch so ohne Balance bekämpft werden wird. Aber da könnte uns der Staatshaushalt ohnehin einen Strich durch die Rechnung machen. Auf Dauer wird das nicht gehen, umso mehr, wenn wir ja noch viel Staatshilfe und Steuersenkungen ausreichen wollen.
Die Gerichts-Fälle. Am Ende doch noch zur Rechtspraxis: Entschädigungsanträge nach dem Epidemiegesetz rollen an. Antragsteller sind in einer ersten Welle jene Vertreter der Tourismuswirtschaft, deren Betriebe durch Epidemiegesetz-basierte Verordnungen in den Iden des März geschlossen wurden (v.a. Seilbahnen, Gastgewerbebetriebe in Tourismusgebieten). Geschädigt sind aber auch die Betriebe, die ab 16. März auf Basis einer anderen Rechtsgrundlage (Verordnung zum COVID-19 Maßnahmengesetz) faktisch schließen mussten. Diese Gruppe erhofft sich ebenfalls Entschädigung analog zu § 32 Epidemiegesetz, auch wenn der Gesetzgeber den Entschädigungsanspruch durch Anlassgesetzgebung beseitigt hat. Schließlich gibt es viele Betriebe, die von diesen Verwerfungen nur indirekt betroffen sind (mangelnde Kundenfrequenz in Einkaufszentren, etc.), aber massive Umsatzeinbußen haben. Auch diese letzte Gruppe erhofft Grundrechtsschutz und eine wohlwollende Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof und die Politik. Diese Themen diskutieren wir mit Verfassungsexperten in einem Webinar, das wir am Dienstag nächster Woche in Kooperation mit der Universität Innsbruck veranstalten. Sofern noch Plätze frei sind, schicken wir Ihnen bei Interesse den Zugangslink.
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