Arbeitsrechtliche Neuerungen im Zusammenhang mit dem Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021
Mit 01. April 2021 traten die neuen arbeitsrechtlichen Regelungen des Homeoffice-Maßnahmenpakets in Kraft. Die arbeitsrechtlichen Änderungen betreffen dabei das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG).
1. Arbeitsvertragliche Rahmenbedingungen für das Arbeiten im Homeoffice (§ 2h AVRAG)
Arbeit im Homeoffice liegt gemäß § 2h AVRAG vor, wenn ein*e Arbeitnehmer*in regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt. Als Wohnung zählt dabei nicht nur der eigene Hauptwohnsitz, sondern neben Nebenwohnsitzen auch zB die Wohnung der* Lebensgefährt*in. Andere mobile Arbeitsformen, die Arbeitnehmer*innen Arbeitsleistungen an anderen frei wählbaren Orten (wie zB einem Kaffeehaus) gestatten, sind daher ausdrücklich nicht umfasst. Auch Arbeitsleistungen in Co-Working Spaces sind von den gesetzlichen Regelungen nicht umfasst. Umfasst ist auch nur die regelmäßige Erbringung von Arbeitsleistungen im Homeoffice. Sollte sich daher hin und wieder die Notwendigkeit von Homeoffice ergeben („Eintagsfliege“) gelangen die Regelungen des § 2h AVRAG nicht zur Anwendung.
Homeoffice im Sinne des § 2h AVRAG setzt aus unserer Sicht auch – insbesondere auf Grund der gesonderten Beendigungsmöglichkeiten – voraus, dass ein Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers weiterbestehen soll und daher nur ein zusätzlicher Arbeitsort hinzutritt. Die Regelungen sind daher nicht auf Arbeitnehmer*innen anwendbar, mit denen das Homeoffice als ausschließlicher Arbeitsort vereinbart wurde oder wird.
Ein wesentlicher Punkt der gesetzlichen Regelung des Homeoffice ist, dass nunmehr klargestellt wurde, dass der Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen bei regelmäßiger Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice verpflichtet ist, die erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen. Neben der erforderliche IT-Hardware (zB Laptop und Mobiltelefon) und Software zählt hierzu auch die erforderliche Datenverbindung. Andere Kosten wie beispielsweise Raum- oder Energiekosten müssen auf Basis der gesetzlichen Regelungen nicht ersetzt werden.
Es besteht jedoch alternativ die Möglichkeit eine Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass die* Arbeitnehmer*in die eigenen digitalen Arbeitsmittel verwendet. In diesem Fall hat die* Arbeitnehmer*in Anspruch auf angemessenen Ersatz der erforderlichen Kosten. Der Kostenersatz kann dabei auch pauschaliert werden. Im Hinblick auf die parallel erlassenen steuerlichen Begünstigungen (steuerfreie Auszahlung von Zahlungen des Arbeitgeber für Homeoffice von maximal EUR 3 an maximal 100 Tagen pro Jahr), erscheint aus unserer Sicht insbesondere die Vereinbarung einer Pauschale pro Homeoffice-Tag (hierzu müssen Aufzeichnungen geführt werden) in der Praxis sinnvoll, wenn keine oder nicht alle digitalen Betriebsmittel bereitgestellt werden.
Wesentlich ist auch, dass eine Beendigung der Homeoffice-Vereinbarung aus wichtigen Gründen gesetzlich verankert wurde, und zwar sowohl für Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes können Arbeitnehmer*innen oder Arbeitgeber unter Einhaltung einer 1-monatigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten beenden. Wichtige Gründe stellen dabei insbesondere eine wesentliche Änderung der betrieblichen Erfordernisse für den Arbeitgeber oder wesentliche Veränderungen der Wohnsituation der* Arbeitnehmer*in, die eine Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice nicht mehr erlauben, dar. Unabhängig von dieser Beendigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund können jedoch auch ordentliche Kündigungsmöglichkeiten oder Befristungen vereinbart werden.
2. Regelung betriebsweiter Rahmenbedingungen für das Homeoffice mittels Betriebsvereinbarung (§ 97 Abs 1 Z 27 ArbVG)
Der Gesetzgeber hat auch einen neuen Betriebsvereinbarungstatbestand geschaffen. Mittels (freiwilliger) Betriebsvereinbarung können Rahmenbedingungen für das Homeoffice vereinbart werden, wie z.B. die Bereitstellung von Arbeitsmitteln sowie deren privater Nutzung oder Regelungen zum (pauschalen) Kostenersatz.
Die Betriebsvereinbarung ersetzt jedoch nicht die notwendige Vereinbarung im Einzelfall!
Darüber hinaus ist weiterhin zu beachten, dass bestimmte Regelungen oder Maßnahmen im Zusammenhang mit Homeoffice wie zB die Vereinbarung von gleitender Arbeitszeit oder die Implementierung von Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde der Arbeitnehmer*innen berühren (zB engmaschiges digitales Monitoring der Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer*innen) bei Bestehen eines Betriebsrats zwingend per Betriebsvereinbarung geregelt werden müssen oder für Ordnungsvorschriften der Abschluss einer Betriebsvereinbarung durch den Betriebsrat gefordert werden kann.
3. Ausweitung des Schutzbereiches des DHG für Schäden im Homeoffice
Wird dem Arbeitgeber durch im gemeinsamen Haushalt mit der* Arbeitnehmer*in lebende Personen im Zusammenhang mit Arbeiten im Homeoffice ein Schaden zugefügt, kommen diesem auch die Haftungsprivilegien des DHG zugute. Der Schaden wird dabei de*r Arbeitnehmer*in zugerechnet.
4. Arbeitnehmer*innenschutzvorschriften
Das Arbeitszeit- und das Arbeitsruhegesetz gelangt auch im Homeoffice uneingeschränkt zur Anwendung. Auch im Homeoffice sind daher insbesondere Arbeitszeitgrenzen und Pausen- bzw. Ruhezeiten zwingend einzuhalten. Es gilt auch grundsätzlich die betriebliche bzw. vereinbarte Arbeitszeiteinteilung auch im Homeoffice.
Es sind auch grundsätzlich konkrete Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, die Beginn, Pausen und Ende der Arbeitszeit enthalten. Bei überwiegender Tätigkeit im Homeoffice sind auch „Saldenaufzeichnungen“ zulässig, die lediglich die jeweilige Gesamtdauer der täglichen Arbeitszeit umfassen.
Auch die meisten Bestimmungen des Arbeitnehmer*innenschutzgesetzes samt den zugehörigen Verordnungen gelten im Homeoffice. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass mit den Arbeitnehmer*innen eine Arbeitsplatzevaluierung betreffend dem Arbeitsplatz im Homeoffice durchgeführt werden muss, wobei insbesondere die Platzverhältnisse, die Beleuchtung und die Raumtemperatur berücksichtigt werden müssen.
5. Kein Betretungsrecht des Arbeitsinspektorats
Gesetzlich klargestellt wurde, dass die Organe der Arbeitsinspektion ohne Zustimmung der* Arbeitnehmer*in nicht berechtigt sind, die Wohnung der Arbeitnehmer*in, in denen das Homeoffice liegt, zu betreten.
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