Lohnunterlagen durch den Überlasser nachweislich nicht bereitgestellt: Beschäftiger nicht strafbar
Im vorliegenden Fall hat die A d.o.o., ein slowenisches Unternehmen, einen Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleistung der B GmbH überlassen, welche diesen im Rahmen der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung in Österreich beschäftigte. Bei der Kontrolle durch die Finanzpolizei waren der Arbeitsvertrag, Lohnzettel und Teile der Arbeitszeitaufzeichnungen vor Ort. Lohnaufzeichnungen, Unterlagen für die Lohneinstufung und Teile der Arbeitszeitaufzeichnungen wurden nicht bereitgehalten oder in elektronischer Form zugänglich gemacht. Von der A d.o.o. wurden der B GmbH nur jene Lohnunterlagen nachweislich bereitgestellt, die bei der Kontrolle vor Ort auch bereitgehalten wurden. Unterlagen für eine Lohneinstufung hatte die B GmbH bei der A d.o.o. nicht „nachgefragt“.
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt wurde gegen den Geschäftsführer als nach außen vertretungsbefugtes Organ der B GmbH als Beschäftiger eine Verwaltungsstrafe wegen Nichtbereithaltung der Lohnunterlagen eines überlassenen Arbeitnehmers während der Dauer seiner Beschäftigung in Österreich verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Geschäftsführer der B GmbH Beschwerde an das Verwaltungsgericht.
Das Verwaltungsgericht folgerte, dass für die Nichtbereithaltung der Lohnunterlagen zwar ausschließlich der Beschäftiger strafbar sei, die Strafbarkeit aber die entsprechende Bereitstellung durch den Überlasser voraussetzt. Wenn der inländische Beschäftiger die Unterlagen daher nicht oder nur unvollständig erhalten hat, sei der Beschäftiger mangels Aufforderungs- oder Kontrollpflicht gegenüber dem Überlasser nicht strafbar. Da im konkreten Fall der Nachweis nicht gegeben war, dass der Überlasser dem Beschäftiger die Lohnunterlagen bereitgestellt hat, hob das Verwaltungsgericht das angefochtene Straferkenntnis auf.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigte nach Revision des Finanzamts (teilweise) die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass sich die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung durch den inländischen Beschäftiger nur auf solche Unterlagen bezieht, die nachweislich vom Überlasser bereitgestellt wurden. Er verwies diesbezüglich auf die Gesetzesmaterialien zum LSD-BG , wonach der Überlasser zur nachweislichen Bereitstellung der Lohnunterlagen an den Beschäftiger verpflichtet ist, „um etwa Beweisproblemen, die im vorsätzlichen Zusammenwirken von Überlasser und Beschäftiger ausgenützt werden können, entgegenzuwirken“. Durch die „nachweisliche“ Bereitstellungsverpflichtung des Überlassers werden die Verpflichtungen iZm der Bereithaltung der Lohnunterlagen bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung zwischen dem Überlasser einerseits und dem Beschäftiger andererseits so voneinander abgegrenzt, dass deren jeweilige Verpflichtung auch nicht durch ein (kollusives) Zusammenwirken verschoben werden kann.
Den Überlasser trifft demnach die Verpflichtung zur Bereitstellung der Lohnunterlagen und deren Nachweis im Rahmen einer Lohnkontrolle. Den Beschäftiger trifft die Bereithaltungsverpflichtung, sobald ihm die Lohnunterlagen bereitgestellt wurden oder soweit er über sie aus eigenem verfügen kann (wie etwa in Bezug auf Arbeitszeitaufzeichnungen). Daran knüpft auch die Strafbarkeit an.
Der VwGH verneinte auch ausdrücklich eine Kontrolllücke, da die Abgabenbehörden berechtigt sind, die Bereithaltung der Unterlagen zu überwachen und diesbezüglich auch die Bereitstellung der zum Zweck der Lohnkontrolle erforderlichen Unterlagen durch den Überlasser fordern können.
Hinweis: Dieser Blog stellt lediglich eine generelle Information und keineswegs eine Rechtsberatung von Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH dar. Der Blog kann eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH übernimmt keine Haftung, gleich welcher Art, für Inhalt und Richtigkeit des Blogs.