Schwerpunkte der Bankenaufsicht für 2022
Die FMA hat am 16.12.2021 ihre Schwerpunkte in der Aufsichtstätigkeit für 2022 bekanntgegeben. Die FMA wird im Jahr 2022 den Fokus u.a. auf folgende Themen legen:
- Resilienz und Stabilität der beaufsichtigten Finanzdienstleister sowie des Finanzmarktes Österreich stärken;
- Chancen der Digitalisierung nutzen und die damit verbundenen Risiken adressieren;
- Regulatorische Begleitung neuer Geschäftsmodelle, um so auch die Innovationskraft des österr. Finanzmarktes zu fördern;
- Kollektiven Verbraucherschutz angesichts des digitalen Wandels und des geänderten Konsumverhaltens weiterentwickeln;
- Den Finanzmarkt und seine Teilnehmer beim Umbau zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell regulatorisch unterstützen;
- Sauberkeit des Finanzplatzes Österreich auf allen Ebenen sichern.
Resilienz und Stabilität
Trotz der COVID-19-Krise blieben Banken, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen wirtschaftlich gut aufgestellt – trotzdem besteht Anlass das präventive Krisenmanagement weiter zu stärken. Die FMA legt somit weiterhin einen Schwerpunkt darauf, die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle und die Resilienz der Institute möglichst präventiv abzusichern. Denn die FMA befürchtet, dass der Ausstieg aus den staatlichen sowie regulatorischen Hilfs- und Stützprogrammen zu gehäuften Kreditausfällen und damit erhöhtem Kapitalbedarf führt. Ebenso ist zu beachten, dass eine Normalisierung des Wirtschaftskreislauf noch dauern könnte. Unterbrechungen von Lieferketten, Engpässe bei der Produktion entscheidender Bauteile oder hohe Rohstoff- oder Energiepreise stellen hier aktuelle Probleme dar.
Negative Entwicklungen sollen rechtzeitig erkannt werden - die FMA setzt insbesondere folgende Aufsichts- und Prüfschwerpunkte:
- Geschäftsmodelle der Banken werden auf ihre Nachhaltigkeit analysiert, Schwächen identifiziert und mittels geeigneter aufsichtlicher Maßnahmen adressiert
- Aus Sicht der Versicherungsaufsicht wird ein Fokus auf das „Own Risk and Solvency Assessment“ (ORSA), die regelmäßige unternehmenseigene Beurteilung der Risiko- und Solvabilitätssituation, als wesentlicher Bestandteil des Governance-Systems, die Analyse der Verwundbarkeiten sowie auf „Post-COVID-Analysen“ in Form von Stresstests gelegt
- Die Wertpapieraufsicht wird Stresstests bei ausgewählten Fonds und Vorsorgekassen durchführen
Hinsichtlich der Abwicklung wird die FMA auch erstmals Vor-Ort-Prüfungen in Bezug auf mögliche Abwicklungshindernisse bei Banken durchführen.
Digitalisierung
Auch die Digitalisierung bleibt einer der Schwerpunkte der Aufsichtstätigkeit der FMA. Die FMA will die Zukunftsfähigkeit des Finanzplatzes Österreich stärken, die Chancen des digitalen Wandels nutzen und die damit verknüpften Risiken adressieren. Produkte, Finanzdienstleistungen und auch das Verhalten der Verbraucher passen sich diesem Wandel laufend an und verändern sich.
Die FMA führte 2021 eine Studie zum Stand der Digitalisierung am Finanzmarkt durch (https://www.fma.gv.at/fma-studie-zum-stand-der-digitalisierung-2021/). Die wesentlichen Schwerpunkte und Themenbereiche daraus fließen u.a. auch in das Adressieren und Begrenzen von Cyber-Risiken ein. Diese Risiken werden aus operativer Sicht verstärkt in den Fokus genommen und Maßnahmen zur Überprüfung der Cyber-Security und Cyber-Resilience ergriffen. Ebenso wird daran gearbeitet bestehende Aufsichtstools weiterzuentwickeln. Das beinhaltet u.a., dass eine Pilotübung für künftige „Cyber Security Exercises“ durchgeführt wird und dass ein Instrument zur strukturierten Analyse von Abschlusskennzahlen im „European Single Electronic Format“ (ESEF-Daten) implementiert wird.
Weitere wichtige Themenbereiche dieser Studie sind die externe Erbringung von IKT-Leistungen (insb. durch Auslagerungen), Anforderungen an Vorstände und Schlüsselfunktionen bei Anwendung von digitalen Geschäftsmodellen und das Monitoring der weiteren Entwicklung von Crypto-Assets als Veranlagungsinstrument.
Regulatorische Begleitung neuer Geschäftsmodelle
Neue Akteure auf dem Finanzmarkt, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit vermehrt Innovationen wie etwa Distributed-Ledger-Technologie verwenden, Artificial Intelligence nutzen oder Crypto-Assets entwickeln und anbieten, beschleunigen den Wandel des Finanzmarkts. Viele dieser innovativen Technologien und Dienstleistungen werden aber vom analog geprägten Aufsichtsrecht nicht erfasst.
Die Regulatory Sandbox ermöglicht es diesen Akteuren ihr Geschäftsmodell unter Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften umzusetzen - es wurden hierzu bereits vereinzelt Verfahren in einem gemeinsamen Prozess zwischen Anbietern und FMA geführt. Entsprechende Erfahrungswerte sind daher bereits vorhanden. Unter dem Namen des „European Forum for Innovation Facilitators“ (EFIF) wird auch aktuell ein europäisches Sandboxverfahren entwickelt.
Zu den aktuell besonders relevanten Entwicklungen (und auch Risiken!) wird von der Europäischen Kommission folgendes gezählt: die zunehmende Fragmentierung von Wertschöpfungsketten, die Bündelung unterschiedlicher sektoraler Finanzdienstleistungen auf (Online-)Plattformen, Risiken durch große Unternehmensgruppen, die unterschiedlich regulierte Aktivitäten kombinieren.
Kollektiven Verbraucherschutz
Insbesondere das aktuelle Niedrigzinsumfeld und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie bringt Verbraucher dazu, ihr Anlageverhalten zunehmend risikoreicher zu gestalten. Sie stehen digitalen Finanzangeboten (im Gegensatz zur klassischen Vor-Ort Anlageberatung durch einen Betreuer) offener gegenüber. Aus der Perspektive der Aufsicht macht diese Entwicklung eine auf Transparenz, Information und die Ermöglichung von Eigenverantwortung fokussierten kollektiven Verbraucherschutz notwendiger. Einstiegsprodukte für Anleger sind u.a. „Blue Chip“-Aktien und „Exchange Traded Funds“ (ETFs). Erfahrenere Anleger wiederum wechseln in risikoreichere Anlagen wie Derivate und strukturierte Produkte.
Die Versicherungsaufsicht setzt einen Schwerpunkt auf die Einhaltung der Vorgaben zur „Product Oversight and Governance“ (POG) durch die beaufsichtigten Unternehmen mit Fokus auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und Versicherungsausschlüssen. Bei der integrierten Vertriebsaufsicht bei Banken liegt ein Fokus u.a. auf die inhaltliche Qualität und dem effektiven Mehrwert von Kundeninformationen. Es besteht ebenso ein Prüfungsschwerpunkt bei der Einhaltung der Kostentransparenzbestimmungen und dem fairen Umgang mit Kreditnehmern in Zahlungsschwierigkeiten gemäß MiFID.
Die FMA arbeitet mit der OeNB u.a. an der Entwicklung einer Datenbank zur Erfassung, Kategorisierung und automatisierten Auswertung aller Anfragen und Beschwerden an die FMA. Dies ist von besonderer Bedeutung für technologiegestützte Methoden zur Erkennung untypischer Entwicklungen bei Banken. Ebenso wird evaluiert, als Beitrag zur Finanzbildung und zur Erhöhung der Markttransparenz ein Online-Vergleichstool für „Packaged Retail and Insurance-based Investment Products“ (PRIIPs) zu entwickeln.
Nachhaltigkeit
Auf Basis des „EU Green Deal“ ist die EU eine Reihe von Verpflichtungen eingegangen, weshalb auch die FMA es sich zum Ziel gesetzt hat beaufsichtigte Unternehmen beim Übergang zur Nachhaltigkeit zu begleiten und diese auf die regulatorischen Neuerungen vorzubereiten. Dies soll u.a. auch durch Fokus auf die Umsetzung des FMA-Leitfadens zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken erreicht werden.
Aus Sicht der Versicherungs- und Pensionskassenaufsicht gibt es zwei Schwerpunkte: Zum einen wird der Umgang mit Transitionsrisiken aus dem Klimawandel durch Stresstests evaluiert und zum anderen werden die CO2-Fußabdrücke und die Klimapfade von Portfolios erhoben und analysiert. Auf dem Wertpapiermarkt sollen ESG-Vorgaben in die behördlichen Aufsichtsprozesse implementiert sowie Chancen und Risiken aktiv bei allen Marktteilnehmern adressiert werden. Bei der Bewilligung bzw. Überprüfung von Fondsdokumenten und Kapitalmarktprospekten liegt ein Fokus auf der Einhaltung der ESG-Vorgaben.
Die FMA fokussiert sich darüber hinaus auf Nachhaltigkeitsfaktoren und -risiken in der Geschäftsstrategie, der internen Governance und im Risikomanagement bei Kreditinstituten im Rahmen des „Supervisory Review and Evaluation Process“ (SREP). Zukünftig werden auch die Offenlegungsanforderungen verstärkt. Bei der Versicherungs- und Pensionskassenaufsicht setzt die FMA einen Schwerpunkt bei den Analysen der klimabezogenen Risiken in den angebotenen Portfolios.
Im Rahmen der Wertpapieraufsicht werden bei Asset Managern zur aktuellen Marktentwicklung auch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Vermögensverwaltung und die Integration der Nachhaltigkeitsrisiken bei den Anbietern selbst ermittelt.
Sauberer Finanzplatz
Die Zahl der Verbraucherbeschwerden und Whistleblower-Meldungen bei der FMA hat sehr zugenommen sowie auch die Anzahl und Höhe der gemeldeten Schäden. Gleichzeitig stieg auch die Anzahl der Investorenwarnungen durch die FMA. Lockdowns, Homeoffice und Teleworking und die dadurch verstärkte Nutzung des Internets und Social Media führten zu einem Anstieg von illegalen Praktiken. Diese gilt es durch konkretes Market Monitoring zu identifizieren. Die FMA wird daher die Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie wesentlich begleiten, diese in ihre internen Prozesse einpflegen und daraus resultierende Erkenntnisse in der Aufsichtstätigkeit berücksichtigen.
Ein weiterer Fokus wird auf die Erbringung von Dienstleistungen in Bezug auf virtuelle Währungen durch „Virtual Asset Service Providers“ (VASPs) sowie auf Anbieter, die ohne entsprechende Registrierung tätig sind, gelegt. VASPs unterliegen gleichermaßen den Bestimmungen zu AML/TF und müssen sich daher auch bei der FMA registrieren lassen. Die Unterbindung von unerlaubter Geschäftstätigkeit und Nicht-Compliance mit den gesetzlichen Bestimmungen soll effizienter und zeitnah durchgeführt werden.
Darüber hinaus soll der generelle Schwerpunkt der Verhinderung von Geldwäscherei effizienter und effektiver verfolgt werden. Unter anderem soll die Ausrichtung von Home- und die Teilnahme an Host-Colleges gemäß den EBA-Vorgaben forciert und die Kompetenzen im Bereich des Sanktionenrechts sollen von der FMA übernommen werden.
Gerne steht Ihnen das Financial Services Regulatory Team von Binder Grösswang zur Verfügung, um Sie bei den aufsichtsrechtlichen Herausforderungen im neuen Jahr zu unterstützen!
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