Der Data Act: Daten als Schlüssel zur Industrie und Künstlichen Intelligenz
Die Bedeutung des Datenzugangs und der Datenweitergabe in der heutigen digitalen Welt kann nicht unterschätzt werden. Daten sind zu einer wertvollen Ressource geworden, die Unternehmen dabei unterstützen, fundierte Entscheidungen zu treffen, Innovationen voranzutreiben und ihren Wettbewerbsvorteil zu sichern. Vor diesem Hintergrund gewinnt der vorgeschlagene Data Act der Europäischen Kommission enorm an Bedeutung und kann die Entwicklung von Industrie 4.0 und Künstlicher Intelligenz in Europaentscheidend beeinflussen.
Pfeiler der Europäischen Datenstrategie
Der Data Act ist neben der Verordnung über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht personenbezogener Daten in der EU und dem Data Governance Act ein weiterer geplanter Pfeiler der europäischen Datenstrategie. Während erstere Verordnung Hindernisse für den freien Fluss nicht-personenbezogener Daten zwischen EU-Mitgliedstaaten und IT-Systemen beseitigen soll, sieht der Data Governance Act Bedingungen für die Weiternutzung bestimmter Kategorien geschützter Daten des öffentlichen Sektors vor. Der Data Act soll diese Vorschriften ergänzen, indem insbesondere die Nutzung von personenbezogenen und nicht-personenbezogenen Daten durch Unternehmer*innen und Verbraucher*innen ausgeweitet werden soll und mehr Akteur*innen in der Wertschöpfungskette aktiv werden sollen.
Maßgebliche Akteur*innen, die in den Fokus des Data Acts rücken, sind sogenannte Nutzer*innen und Dateninhaber*innen. Laut Vorschlag sind Nutzer*innen sowohl natürliche als auch juristische Personen, die ein vernetztes Produkt besitzen, mieten, leasen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Dateninhaber*innen definiert der Vorschlag als juristische oder natürliche Personen, beispielsweise Hersteller*innen eines vernetzten Produkts, die durch die Kontrolle über die technische Konzeption eines vernetzten Produktes und damit verbundene Dienst ein der Lage sind, bestimmte Daten bereitzustellen.
Recht der Nutzer*innen auf Zugang zu Daten
Inhaltlich sieht der Vorschlag vor, dass Hersteller*innen von vernetzten Produkten und von damit verbundenen Diensten ihre Produkte und Dienste so gestalten sollen, dass die Nutzer*innen in der EU unverzüglich, kostenlos und gegebenenfalls kontinuierlich und in Echtzeit auf die Daten zugreifen können, die von dem Produkt oder bei der Erbringung eines damit verbundenen Dienstes erzeugt werden. Eine der Schlüsselaufgaben in der Industrie 4.0 und der künstlichen Intelligenz besteht darin, die Effizienz der Maschinen und Prozesse zu optimieren. Durch den Zugriff auf Echtzeitdaten können Unternehmen die Leistung ihrer Maschinen überwachen und verbessern. Der Vorschlag soll sicherstellen, dass Dateninhaber*innen diese Daten Nutzer*innen zur Verfügung stellen müssen, sei es ein Unternehmen, das seine eigenen Maschinen überwachen möchte, oder Verbraucher*innen, der die Daten ihres intelligenten Hauses analysieren wollen. Dies soll eine bessere Überwachung, Fehlererkennung und vorbeugende Wartung ermöglichen, was zu einer erhöhten Effizienz, geringeren Ausfallzeiten und Kosteneinsparungen führen soll.
Jedoch sind damit auch Herausforderungen verbunden: Dateninhaber*innen müssen sicherstellen, dass die Bereitstellung von personenbezogenen Daten an ihre Nutzer*innen im Einklang mit den geltenden Datenschutzbestimmungen für personenbezogene Daten steht. Außerdem kann die Verpflichtung zur Datenbereitstellung an Nutzer*innen einen erheblichen Aufwand für Unternehmen bedeuten. Die Daten müssen in einem geeigneten Format, gegebenenfalls kontinuierlich und in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Dies erfordert technische Infrastrukturen und Ressourcen, um den Zugriff und die Übertragung der Daten zu ermöglichen.
Recht der Nutzer*innen auf Weitergabe von Daten an Dritte
Der Vorschlag sieht zudem vor, dass Dateninhaber*innen die Daten auf Verlangen des Nutzers auch Dritten zur Verfügung stellen müssen. Dies ermöglicht es beispielsweise Nutzer*innen, einen Dritten mit der Reparatur oder Wartung eines vernetzten Produkts zu beauftragen. Dies soll die Zusammenarbeit und den Austausch von Daten zwischen verschiedenen Akteur*innen in der Wertschöpfungskette fördern.
Jedoch birgt die Weitergabe von Daten an Dritte auch kritische Aspekte: Zunächst besteht die Gefahr des Missbrauchs sensibler Informationen. Unternehmen sind insbesondere besorgt über die potenzielle Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Daten an potenzielle Wettbewerber*innen oder nicht vertrauenswürdige Akteur*innen. Selbst mit vertraglichen Schutzklauseln und behördlichen Beschränkungen bleibt die Kontrolle über diese Informationen in der Praxis oft ungewiss. Ein Verlust der Kontrolle über geschützte Daten kann schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen haben und zu Wettbewerbsnachteilen führen.
Vertragliche Vereinbarungen
Gemäß dem Vorschlag sollen Dateninhaber*innen nicht-personenbezogene Daten, die bei der Nutzung eines Produktes oder verbundenen Dienstes erzeugt werden, nur auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit den Nutzer*innen nutzen dürfen. Es soll den Dateninhaber*innen jedoch untersagt sein, die Daten zur Herstellung konkurrierender Produkte zu nutzen, um die kommerzielle Position der Nutzer*innen auf seinen aktiven Märkten nicht zu untergraben. Der Vorschlag beinhaltet diesbezüglich einen Schutzmechanismus für KMU. Bei der Ausarbeitung von Verträgen über die gemeinsame Nutzung von Daten werden die Verhandlungspositionen zugunsten der KMU neu ausbalanciert. Dies soll sie vor missbräuchlichen Vertragsklauseln schützen, die von Unternehmen mit einer viel stärkeren Verhandlungsposition auferlegt werden könnten. Durch diesen Schutz vor missbräuchlichen Vertragsklauseln soll sichergestellt werden, dass auch kleinere Unternehmen die Chance haben, von den Möglichkeiten der vernetzten Produktion zu profitieren und innovative Lösungen zu entwickeln.
Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser vertraglichen Vereinbarungen betrifft das Potenzial für die Entstehung von Datenmärkten: Mit vertraglichen Vereinbarungen zu Datenzugangs- und Weitergaberechten könnten neue Möglichkeiten für den Handel mit Daten geschaffen werden. Unternehmen könnten sich vertraglich die Möglichkeit einräumen lassen, nicht-personenbezogene Daten an andere Akteur*innen in der Wertschöpfungskette zu verkaufen oder auszutauschen, um Mehrwert zu generieren oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Unternehmen könnten zudem Daten von verschiedenen Quellen erwerben, um ihre Forschung und Entwicklung zu unterstützen, neue Erkenntnisse zu gewinnen oder datenbasierte Dienstleistungen anzubieten. Diese Datenmärkte könnten auch KMU den Zugang zu wertvollen Daten erleichtern, die sie sonst nicht hätten nutzen können.
Einordnung
Der Data Act bietet große Möglichkeiten für Innovation und Wachstum durch den Zugang zu relevanten Daten als wesentlichen Treiber dieses Fortschritts. Der Data Act erhöht die Fungibilität von Daten und rückt sie in den Fokus dieser Innovationsmöglichkeiten. Er bietet Herausforderungen und Wertschöpfungspotentiale für Unternehmen. Sich bereits jetzt darauf vorzubereiten, erhöht die Chancen, die sich aus dieser neuen datengetriebenen Ära ergeben können.
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