Rückforderungsansprüche der Arbeitgeber*innen aus einem nichtigen Arbeitsvertrag
Der OGH hat sich in der Entscheidung 9ObA50/23b unter anderem einerseits mit der Frage beschäftigt, inwieweit sich ein Rückforderungsanspruch der Arbeitgeber*innen auf Rückzahlung eines bereits geleisteten Entgelts auch auf die von den Arbeitgeber*innen für die Arbeitnehmer*innen abgeführte Lohnsteuer bezieht. Andererseits beschäftigte sich der OGH in diesem Zusammenhang auch mit der Höhe des den Arbeitgeber*innen von Arbeitnehmer*innen gebührenden Zinssatzes.
Im vorliegenden Fall wurden Entgeltzahlungen an den Arbeitnehmer aus einem Dienstvertrag geleistet, der sich schließlich als nichtig herausstellte. Hinsichtlich der daraus resultierenden Rückforderungsansprüche der Arbeitgeberin stellte sich unter anderem einerseits die Frage, ob der Arbeitnehmer das Entgelt inklusive Lohnsteuer zurückzahlen müsse, und andererseits, welcher Zinssatz auf das Entgelt anzuwenden sei.
Rückforderungsanspruch inklusive Lohnsteuer?
Arbeitgeber*innen sind zum Einbehalten und zur Abfuhr der Lohnsteuer verpflichtet. Steuerschuldner*innen sind jedoch die Arbeitnehmer*innen. Arbeitgeber*innen zahlen sohin mit der Abfuhr der Lohnsteuer eine fremde Schuld, nämlich jene der Arbeitnehmer*innen.
Dementsprechend hielt der OGH im Einklang mit bisheriger Rechtsprechung fest, dass die Lohnsteuer einen Teil der von der Arbeitgeberin aufgrund der Nichtigkeit des Vertrags rückforderbaren Leistung darstelle, die auch unabhängig von einem Rückforderungsanspruch des Arbeitnehmers als Steuerschuldner gegenüber der Behörde sei.
Höhe des Zinssatz
Die wesentliche Frage ist, ob Arbeitgeber*innen bei Forderungen gegen Arbeitnehmer*innen nur der gesetzliche Basiszinssatz oder der in § 49a erster Satz Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz („ASGG“) festgelegte höhere Zinssatz gebührt.
Gemäß § 49a ASGG betragen die gesetzlichen Zinsen für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis 9,2 vom Hundert pro Jahr über dem am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit geltenden Basiszinssatz (derzeit 3,88%). Beruht aber die Verzögerung der Zahlung auf einer vertretbaren Rechtsansicht des Schuldners, so sind nur die sonstigen Bestimmungen über die gesetzlichen Zinsen (also der Basiszinssatz) anzuwenden.
Der OGH weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese gesetzliche Bestimmung hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes nicht zwischen Forderungen des Arbeitnehmers und der Arbeitgeberin differenziere. Es sei daher jeweils die Aufgabe des Schuldners (unabhängig davon, ob es sich hierbei um Arbeitnehmer*innen oder Arbeitgeber*innen handelt), Behauptungen darüber aufzustellen, warum der in § 49a erster Satz ASGG festgelegte Zinssatz nicht zustehe. Das Fehlen von Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen sowie die Beurteilung einer komplexen Materie durch die Vorinstanzen, wonach diese einen anderen Rechtsstandpunkt als der OGH vertraten, wurden hier vom OGH als Beispiele für solche Behauptungen normiert. Da der Arbeitnehmer im konkreten Fall aber keine solchen Behauptungen aufgestellt hatte, stand dem Arbeitgeber der (hohe) Zinssatz des § 49a erster Satz ASGG zu.
Diese Entscheidung ist insofern interessant als sie – den eher seltenen Fall eines – Rückforderungsanspruches der Arbeitgeberin gegenüber einem Arbeitnehmer behandelt. Sie zeigt erneut, dass auch Arbeitgeber*innen in solchen Fällen den (hohen) Zinssatz gemäß § 49a erster Satz ASGG geltend machen können. Zudem wurde bestätigt, dass Arbeitgeber*innen die Möglichkeit haben, die Beträge einschließlich der Lohnsteuer von den Arbeitnehmer*innen zurückzufordern.
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