Zur Lage der Union 2025 – Kernpunkte der Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Am 10. September 2025 hielt die Präsidentin der Europäischen Kommission im Europäischen Parlament (Straßburg) ihre Rede zur Lage der Union. Es ist zu einer jährlich wiederkehrenden Tradition geworden, über die aktuelle Lage zu berichten, die zentralen Herausforderungen für Europa im kommenden Jahr anzusprechen sowie die Vorschläge der Europäischen Kommission zu deren Lösung zu präsentieren. In diesem Zusammenhang werden auch neue Rechtsvorschriften und politische Maßnahmen auf EU-Ebene vorgeschlagen.
Flankiert von der europäischen Flagge (blau mit 12 goldenen Sternen) präsentierte Präsidentin von der Leyen ihre Rede „Check against delivery“. Traditionell war die Rede hauptsächlich auf Englisch, mit einigen Passagen auf Französisch und Deutsch.
Die Präsidentin ruft die europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten auf, sich geschlossen den dramatisch geänderten Herausforderungen der heutigen Zeit zu stellen und für einen unversehrten Kontinent sowie ein freies und unabhängiges Europa zu kämpfen. Dies müsse der Moment der europäischen Unabhängigkeit sein. Wenig verwunderlich konzentriert sich von der Leyen im ersten Teil ihrer Rede auf Geopolitik (Russland, Ukraine, strategische Unterstützung des europäischen Ostens auch mit Blick auf eine nächste Wiedervereinigung Europas, neue gemeinsame Verteidigungsprojekte, Israel). In weiterer Folge befasst sich die Präsidentin mit vielen anderen Politikbereichen (Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Innovation, etc.). Etwas später thematisiert sie auch die Beziehungen zu den USA (samt Zollabkommen) und die Anstrengungen zur Diversifizierung und zu Handelspartnerschaften (Mexiko, Mercosur, transatlantische Partnerschaft CPTPP). Ziel ist dabei, Abhängigkeiten zu reduzieren und die wirtschaftliche Sicherheit Europas zu stärken. Angesprochen werden zudem die Themen globale Gesundheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Desinformation, Unterstützung unabhängiger und lokaler Medien, Migration und Grenzmanagement.
Im Folgenden fasse ich einige Kernaussagen der Präsidentin zusammen, die für Unternehmen mit Blick auf die europäische Wirtschaftspolitik besonders spannend sein dürften:
- Investition in Digitales und Clean Tech
- Künftiger Fonds für Wettbewerbsfähigkeit
- Verdopplung der Mittel für „Horizont Europa“ (Forschungs- und Innovationsprogramm)
- Kapitalausstattung / Investitionen: Auflegen eines Scaleup-Europe Fonds gemeinsam mit privaten Investoren
- Vereinfachungen / weniger Bürokratie (Stichwort: Omnibus-Pakete)
- Schaffung eines einheitlichen, einfachen und EU-weit harmonisierten Rechtsrahmens zur Gründung und den Betrieb innovativer Unternehmen (sog. 28. Regelung) als optionale Alternative zu den nationalen Vorschriften
- Weitere Stärkung des Binnenmarktes auch bei Kapital, Dienstleistungen, Energie, Telekommunikation, Wissen und Innovation
- Einführung des digitalen Euro
- Stärkung der Spar- und Innovationsunion
- Stärkung europäischer KI-Fähigkeiten (Investitionen in KI-Gigafabriken, neue Rechtsakte, etc.)
- Umsetzung des Deals für eine saubere Industrie, Förderung der Batterie-Produktion in Europa, Einführung des Kriteriums „Made in Europe“ bei öffentlichen Auftragsvergaben, neuer Rechtsakt zur industriellen Beschleunigung für wichtige strategische Sektoren und Technologien (clean, digital)
- Zugleich will die Präsidentin bei den Zielen für Klima- und Umweltschutz Kurs halten und öffentliche und private Investitionen in diesen Bereichen massiv steigern.
Zum Schutz der europäischen Industrie vor unlauterem Wettbewerb wird ein neues, langfristig angelegtes Handelsinstrument vorgeschlagen (Nachfolge zu den auslaufenden Stahl-Schutzmaßnahmen) werden.
Energiekosten sollen gesenkt werden: durch den Ausstieg aus russischen fossilen Brennstoffen und der Erzeugung von mehr erneuerbarer Energie aus heimischen Quellen (und der Kernenergie für die Grundlast). Begleitend müssen die Netzinfrastruktur verbessert und die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Es soll eine neue Initiative für „Energieautobahnen“ geben, um Engpässe in der europäischen Energieinfrastruktur zu beseitigen.
Die Präsidentin will zudem noch im Jahr 2025 einen europäischen Plan für erschwinglichen (und nachhaltigen und hochwertigen) Wohnraum vorstellen. Die EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen sollen dafür überarbeitet, der Neubau von Wohnraum einfacher und die Probleme mit Kurzzeitvermietungen angegangen werden.
Die Zukunft des Autos müsse in Europa geschrieben und die Autos der Zukunft in Europa hergestellt werden. Das Regelwerk werde unter Respektierung des Grundsatzes der Technologieneutralität überprüft werden. Das E-Auto versteht die Präsidentin dabei nicht im Sinne von elektrisch, sondern allgemeiner als Engagement für die Umwelt (sauber, effizient, leicht), erschwinglich und europäisch (Produktion und Lieferketten in Europa).
Schließlich soll die europäische Landwirtschaft unterstützt werden (z.B. durch Aufstockung der Werbebudgets für eine neue Kampagne „Buy European Food“).
Die Präsidentin erinnert am Ende ihrer Rede an den Kampf für die Unabhängigkeit (im Zweiten Weltkrieg, während des Kalten Krieges und eines geteilten Europas) und appelliert für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Sich zu einen – und das Ganze stark zu machen.
Die Rede zur Lage der Nation kann im Original und in den jeweiligen Sprachfassungen abgerufen werden (zum Download hier).
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„Es lebe Europa!“ Das war (mal wieder) das Ende ihrer Rede und soll auch meinen Beitrag abschließen.
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