"Alea iacta est" bei Rubik's Cube, Glawischnig gegen Facebook und jede Menge Cookies...
Was Sie unbedingt über den "neuen" Verbraucherschutz wissen sollten, warum Rubik's Cube nicht als Marke in der EU geschützt werden kann und was der EuGH im Verfahren von Eva Glawischnig gegen Facebook tatsächlich entschieden hat, erfahren Sie hier.
„New Deal for Consumers“: Änderungen des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und Verbraucherrechts
Im November 2019 hat das Europäische Parlament die Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union beschlossen, die umfangreiche Änderungen des Lauterkeits- und Verbraucherschutzrechts bringen wird.
Am 8. November 2019 hat das Europäische Parlament den Vorschlag für die Modernisierungs-Richtlinie in zweiter Lesung angenommen und am 27. November 2019 wurde er von den Präsidenten des Parlaments und des Rates unterzeichnet. Die Veröffentlichung im Amtsblatt steht unmittelbar bevor. Sie ist binnen zwei Jahren umzusetzen. Die Umsetzung der Modernisierungs-Richtlinie wird in Österreich die umfangreichsten Änderungen des UWG seit der Novelle 2005 bringen. Sie sieht insbesondere folgende wichtige Änderungen vor:
Unerbetene Haustürbesuche und Werbefahrten:
Den Mitgliedstaaten wird es freigestellt, Bestimmungen zum Schutz der berechtigten Interessen der Verbraucher in Bezug auf aggressive oder irreführende Praktiken im Zusammenhang mit unerbetenen Besuchen von Gewerbetreibenden in der Wohnung eines Verbrauchers oder von Werbefahrten zu erlassen. Dies ist eine Ausnahme vom bisherigen Prinzip der Vollharmonisierung des Lauterkeitsrechts, das Mitgliedstaaten keinen Spielraum bei der Umsetzung ließ. In Österreich ist das Aufsuchen von Privatpersonen zum Sammeln von Bestellungen für bestimmte Waren (Nahrungsergänzungsmittel, Gift, Arzneimittel, Heilbehelfe, Waffen und Munition, pyrotechnische Artikel, Grabsteine und Grabschmuck) bereits nach § 57 GewO verboten.
Verbot unterschiedlicher Zusammensetzung von Waren („Dual Quality“):
Die Vermarktung unterschiedlicher Waren als identisch in verschiedenen Mitgliedstaaten ist nunmehr ein Tatbestand irreführender Werbung, sofern die Unterschiede nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt sind. Diese Regelung geht auf Beschwerden osteuropäischer Mitgliedstaaten über angeblich schlechtere Qualität von Lebensmitteln zurück. Nach bisheriger Praxis war es zulässig, Produkte derselben Marke in unterschiedlicher Qualität und Zusammensetzung anzubieten, solange die Inhaltsangaben korrekt waren. Unterschiedliche Kundengeschmäcker können Abweichungen auch in Zukunft rechtfertigen, was wohl für Diskussionen sorgen wird, weil gerade der Geschmack schwer objektiviert werden kann.
Gewerbliche Verkäufer:
Verkäufer auf Online-Marktplätzen müssen klarstellen, ob sie Gewerbetreibende sind, damit Erwerber wissen, ob für sie Verbraucherschutzvorschriften gelten.
Transparenz bei Online-Suchen:
Verbraucher müssen bei einer Suchanfrage Informationen über die Hauptparameter für das Ranking der im Ergebnis vorgeschlagenen Produkte sowie deren Gewichtung erhalten. Ähnliche Vorgaben sieht auch die Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (P2B-VO) vor, die bereits ab 12. Juli 2020 gilt. Darüber hinaus müssen bezahlte Anzeigen in Suchergebnissen gekennzeichnet werden.
Gefälschte Testimonials:
Ausdrücklich verboten ist nun auch die Veröffentlichung falscher Bewertungen von Verbrauchern. Dies erfüllte wohl in aller Regel auch bisher schon den Tatbestand irreführender Werbung.
Handel mit Eintrittskarten:
Unzulässig ist der Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen an Verbraucher, wenn der Wiederverkäufer beim Kauf dieser Tickets automatisierte Verfahren (z.B. Bots) verwendet hat, um Mengenbeschränkungen zu umgehen, die der Erstverkäufer eingerichtet hatte, um den Zugang zu den Karten für alle Personen zu gewährleisten.
Verbraucherklagen:
Bisher überließ die RL- UGP die Sanktionen den Mitgliedstaaten. Nunmehr müssen Verbrauchern wirksame Rechtsbehelfe, einschließlich Schadenersatz, offenstehen. Bei Verletzungen des UWG konnten Verbraucher bereits bisher in Österreich vertragliche und sogar deliktische Schadenersatzansprüche stellen, auch wenn diese praktisch keine Bedeutung haben. Die Umsetzung der Modernisierungs-Richtlinie könnte diesen Weg der Rechtsdurchsetzung durch Verbraucher beleben.
Sanktionen:
Nach österreichischer Tradition wird das Lauterkeitsrecht durch Unterlassungsklagen bestimmter Verbände oder von Konkurrenten durchgesetzt („private enforcement“). Die meisten Mitgliedstaaten sehen jedoch Bußgelder vor. In Zukunft müssen bei weitverbreiteten Verstößen, insbesondere bei unionsweiter Dimension, Geldbußen in Höhe von mindestens 4% des Jahresumsatzes oder von EUR 2 Mio. (nach dem Vorbild des Kartellrechts und der DSGVO) vorgesehen werden.
Die Modernisierungs-Richtlinie sieht neben dem Lauterkeitsrecht außerdem folgende wichtige Neuerungen vor:
Preisangaben:
Mehr Transparenz bei Rabatten durch Auszeichnung des niedrigsten Verkaufspreises der letzten 30 Tage.
Sanktionen für unzulässige Klauseln:
Das oben erwähnte Sanktionenregime mit Bußgeldern wird auch auf unzulässige Vertragsklauseln ausgeweitet.
Abgeltung von Online-Diensten durch Verbraucherdaten:
Die Verbraucherrechte- Richtlinie wird auf kostenlose Dienste, in denen der Verbraucher für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen personenbezogene Daten bereitstellt, ausgeweitet.