Coronavirus – Anordnungs­be­fugnisse der Behörden / getroffene Anordnungen auf Basis des Epidemiegesetzes 1950

Stand: 19.03.2020

Übertragbare Krankheiten müssen eingedämmt werden. Zu diesem Zweck sieht das Epidemiegesetz 1950 vor:

  • eine Anzeigepflicht gegenüber den zuständigen Behörden,
  • eine Pflicht der zuständigen Behörden, unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten,
  • eine Pflicht der Kranken, Krankheits- und Ansteckungsverdächtigen und sonstiger Personen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten können, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen,
  • eine Ermächtigung der zuständigen Behörden, Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten zu treffen.

Mit Verordnung des zuständigen Bundesministers, BGBl. II Nr. 15/2020, wurden auch „Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an 2019-nCoV („2019 neuartiges Coronavirus“)“ als anzeigepflichtige Krankheit nach dem Epidemiegesetz 1950 eingestuft. Damit können die österreichischen Behörden zur Bekämpfung der Ausbreitung von COVID-19 insbesondere die unten näher angeführten  Vorkehrungen für die Dauer der Ansteckungsgefahr treffen.

Bei jedem (Verdachts-)Fall von COVID-19 haben die zuständigen Gesundheitsbehörden die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Dazu zählt u.a. das in den Medien vielzitierte Kontaktpersonen-Management (§ 5 leg cit). Zur Sicherstellung einer österreichweit einheitlichen Vorgangsweise bei diesen Erhebungen und Untersuchungen hat der zuständige Bundesminister zwei Erlässe herausgegeben:

a) den Erlass GZ: 2020-0.138290, womit Zuständigkeiten nach dem Epidemiegesetz 1950 (Beilage 1) und die behördliche Vorgangsweise bei SARS-CoV-2 Kontaktpersonen (Beilage 2) für verbindlich erklärt werden.

 

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b) den Erlass GZ: 2020-0.143.421, womit eine einheitliche Vorgangsweise im Hinblick auf das Kontaktpersonen-Management sichergestellt werden soll.



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Die im Epidemiegesetz 1950 angeführten wesentlichen Vorkehrungen zur Verhütung der Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten werden im Folgenden kurz beschrieben. Zudem werden jeweils die spezifischen Vorkehrungen zur Bekämpfung der Ausbreitung von COVID-19 auf Basis von §§ 7 ff Epidemiegesetz überblicksartig dargestellt.

1.
Absonderung Kranker (Quarantäne) - § 7

bisher getroffene Maßnahmen 

  • Änderung der Verordnung betreffend die Absonderung Kranker, Krankheitsverdächtiger und Ansteckungsverdächtiger und die Bezeichnung von Häusern und Wohnungen (BGBl. II Nr. 21/2020).

2.
Desinfektion (von Gegenständen und Räume, von denen anzunehmen ist, daß sie mit Krankheitskeimen einer anzeigepflichtigen Krankheit behaftet (ansteckungsverdächtig) sind - § 8

3.
Ausschließung einzelner Personen von Lehranstalten - § 9

4.
Abschließung von Wohnungen, Verbot von Totenfeierlichkeiten - § 12

5.
Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen - § 15



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Mit obigem Erlass hat der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden (Gesundheitsämter) angewiesen, durch Verordnung zu verfügen, dass sämtliche Veranstaltungen in ihrem Wirkungsbereich, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen, zu untersagen sind, bei denen mehr als 500 Personen (außerhalb geschlossener Räume oder im Freien) oder mehr als 100 Personen in einem geschlossenen Raum zusammenkommen. Dies gilt u.a. für Veranstaltungen, die in Betrieben, Unternehmen, Schulen (z.B. Schulausflüge), im hochschulischen Betrieb, Kindergärten, Pflegeheimen, zu religiösen Zwecken oder in touristischen Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten abgehalten werden sollen.

Davon nicht erfasst sind u.a. Zusammenkünfte allgemeiner Vertretungskörper (Nationalrat, Bundesrat, Landtage, etc.), der Organe von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, im Rahmen der öffentlichen Verwaltung, der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des Bundesheers, der Rettungsorganisationen und der Feuerwehr, in Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung, im Zusammenhang mit der Befriedigung der Grundbedürfnisse des öffentlichen Lebens (Lebensmittelhandel, Einkaufzentren, gastronomische Einrichtungen hauptsächlich zugelassen für die Verabreichung von Speisen, usw.), nach völkerrechtlichen Verpflichtungen, die Arbeitstätigkeit in Unternehmen, Betriebsversammlungen und der öffentliche Personenverkehr sowie der unmittelbar zum Betrieb gehörenden Einrichtungen und Anlagen.

Dementsprechende Verordnungen wurden bzw. werden gerade von den Vollzugsbehörden erlassen. Beispiel Stadt Wien:



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6.
Besondere Meldevorschriften - § 16 / Überwachung bestimmter Personen - § 17

bisher getroffene Maßnahmen

  • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Bekanntgabe von Flugpassagieren (BGBl. II Nr. 75/2020 idF BGBl. II Nr. 88/2020).
     

7.
Schließung von Lehranstalten - § 18



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Mit obigem Erlass hat der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden (Gesundheitsämter) angewiesen, durch Verordnung zu verfügen, dass nach § 18 des Epidemiegesetzes 1950 Einschränkungen in Bezug auf den Betrieb von Kindergärten und Kindertagesstätten anzuordnen sind: Vom 18. März 2020 bis zum Beginn der Osterferien (3. April 2020) bleiben Kindergärten geöffnet, es sollen aber möglichst viele Kinder zu Hause betreut werden (Betreuungsangebote sollen aber nicht gänzlich eingestellt werden).

Dieser Erlass wurde in den einzelnen Regionen Österreichs zwischenzeitig umgesetzt.

8.
Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen - § 20

bisher getroffene Maßnahmen

  •  Verordnung: Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 („2019 neuartiges Coronavirus“) und Änderung der Verordnung über die Beförderung von Personen, die mit übertragbaren Krankheiten behaftet oder solcher Krankheiten verdächtig sind (BGBl. II Nr. 74/2020).

9.
Verkehrsbeschränkungen für die Bewohner bestimmter Ortschaften - § 24

Zwischenzeitig haben die Behörden auch Zu- und Abfahrtsbeschränkungen für die Bewohner folgender Ortschaften erlassen:

  • In Tirol: alle 279 Gemeinden.
  • In Vorarlberg: die Gemeinde Lech, die Lecher Ortschaft Zürs, die Gemeinden Warth und Schröcken sowie die Ortschaft Stuben in der Gemeinde Klösterle
  • In Salzburg: die Gemeinden Bad Hofgastein, Dorfgastein, Bad Gastein, Hüttschlag, Großarl und Flachau
  • In Kärnten: die Gemeinde Heiligenblut

Unten finden Sie beispielhaft einen Auszug aus der Verordnung betreffend die Gemeinde Heiligenblut:



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    10.
    Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem Ausland - § 25

    bisher getroffene Maßnahmen 

    •  Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Bekanntgabe von Flugpassagieren (BGBl. II Nr. 75/2020 idF BGBl. II Nr. 88/2020).
    • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus SARS-CoV-2 Risikogebieten (BGBl. II Nr. 80/2020 idF BGBl. II Nr. 89/2020).
    • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend medizinische Überprüfungen bei der Einreise im Zusammenhang mit dem „2019 neuartigen Coronavirus“ (BGBl. II Nr. 81/2020).
    • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über das Landeverbot für Luftfahrzeuge aus SARS-CoV-2 Risikogebieten (BGBl. II Nr. 83/2020 idF BGBl. II Nr. 109/2020).
    • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, über die Einstellung des Schienenverkehrs zu Italien, der Schweiz und Liechtenstein aufgrund des Ausbruches von SARS-CoV-2 (BGBl. II Nr. 86/ 2020 idF BGBl. II Nr. 94/2020)
    • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Italien, der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Ungarn und Slowenien (BGBl. II Nr. 87/2020 idF BGBl. II Nr. 111/2020).
    • Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen über die Einreise auf dem Luftweg nach Österreich (BGBl. II Nr. 105/2020).
       

    11.
    Vorschriften in Bezug auf Verkehrsanstalten im Inland - § 26

    12.
    Epidemieärzte (Bestellung für die Dauer des Bedarfs)- § 27

    13.
    Maßnahmen in Bezug auf Krankheitserreger - § 28

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