Law Blog
Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Europäischen Recht
Nach verschiedenen Gesetzesinitiativen (z.B. Taxonomie Verordnung, Lieferkettengesetz) sollen Nachhaltigkeit und Umweltschutz nun auch im Verbraucher- und Lauterkeitsrecht eine entsprechende Rolle spielen. Dazu hat die Europäische Kommission vor kurzem geplante Ergänzungen der Verbraucherschutzrichtlinie und der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken vorgestellt. Wieder setzt die Kommission verstärkt auf Information und Aufklärung der Konsumenten, gepaart mit einer Reihe neuer per-se Verbote, die insbesondere das sogenannte „Greenwashing“, also unrichtige Aussagen über die Umweltverträglichkeit, verhindern sollen.
So ist in der geplanten Novelle der Verbraucherschutzrichtlinie eine Informationsverpflichtung über die Lebensdauer und „Reparierbarkeit“ von Produkten vorgesehen. Händler sollen verpflichtet werden, die Verbraucher über die garantierte Haltbarkeit und mögliche Reparatur von Produkten zu informieren. Wenn der Hersteller eines Verbrauchsgutes eine Garantie zur Lebensdauer (Haltbarkeit) über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren anbietet, sind diese Informationen dem Verbraucher vom Händler verpflichtend zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus werden Verkäufer verpflichtet, einschlägige Informationen der Hersteller zu Reparaturen der betreffenden Produkte bereitzustellen, etwa zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder eine Reparaturanleitung.
Bei „intelligenten“ Geräten und digitalen Inhalten und Diensten muss der Verbraucher auch über vom Hersteller bereitgestellte Software-Updates informiert werden. Damit knüpft der Vorschlag an dem neuen Gewährleistungsrecht für Verbraucher an, welches in Österreich im Verbrauchergewährleistungsgesetz umgesetzt wurde.
Nach den Vorstellungen der Kommission kann der Hersteller und Händler selbst darüber entscheiden, auf welche Weise er diese Informationen dem Verbraucher am besten zur Verfügung stellt, solange dies vor dem Kauf in klarer und verständlicher Form erfolgt. Dies kann etwa auf der Verpackung oder in der Produktbeschreibung auf der Website erfolgen.
Parallel dazu soll auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) ergänzt werden. Zunächst wird die Liste der Produkteigenschaften, über die ein Händler die Verbraucher nicht täuschen darf, erweitert. Dies betrifft etwa „ökologische oder soziale Folgen“ sowie die „Haltbarkeit“ und „Reparierbarkeit“ der betreffenden Produkte. Darüber hinaus werden weitere Geschäftspraktiken als irreführend hinzugefügt, wie z. B. allgemeine Umweltaussagen in Bezug auf die künftige Umweltleistung ohne jedoch klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen und Ziele anzugeben und ohne ein unabhängiges Überwachungssystem, das diese Aussagen bestätigt. Auch freiwillig angeführte Umweltauszeichnungen sollen einem strengen Maßstab unterworfen werden.
Schließlich sollen weitere Tatbestände in die bestehende Liste der verbotenen unlauteren Geschäftspraktiken, der so genannten "schwarzen Liste", aufgenommen werden. Zu diesen neuen unlauteren Geschäftspraktiken gehören etwa:
- Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels, das nicht auf einem Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurde;
- allgemeine, vage Aussagen über die Umwelteigenschaften, wobei die hervorragende Umweltleistung des Produkts oder des Händlers nicht belegbar ist. Beispiele dafür sind allgemeine umweltbezogene Aussagen wie „umweltfreundlich“, „öko“ oder „grün“, die fälschlicherweise den Eindruck einer ausgezeichneten Umweltleistung erwecken;
- Umweltaussagen zum gesamten Produkt, wenn sie sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts beziehen, oder
- mangelnde Information über Vorkehrungen oder Einstellungen, die die Haltbarkeit eines Produktes begrenzen, wie etwa entsprechende Software.
Die Kommission verfolgt auf der Basis des mündigen und informierten Verbrauchers weniger eine strenge Regulierung als mehr eine umfassende Aufklärung. Diese hat jedenfalls klar und verständlich zu erfolgen, was angesichts der immer neuen Aufklärungsverpflichtungen für die Wirtschaft, aber auch für den Konsumenten, der diese Informationsflut zu bewältigen hat, zur Herausforderung wird. Vor dem Hintergrund der ohnehin strengen österreichischen Judikatur zu umweltbezogenen Aussagen in der Werbung, sind viele der lauterkeitsrechtlichen Vorschläge nicht neu. Interessant wird sein, welcher Maßstab an freiwillig angeführte Umweltauszeichnungen und deren dahinterliegende Organisationen angelegt wird.
Die Vorschläge der Europäische Kommission werden nun vom Rat und dem Europäischen Parlament erörtert und müssen dann nach ihrer entsprechenden Annahme in nationale Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Änderungen können sich im Zuge der Diskussionen und des zu erwartenden „Lobbyismus“ noch ergeben.
Hinweis: Dieser Blog stellt lediglich eine generelle Information und keineswegs eine Rechtsberatung von Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH dar. Der Blog kann eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH übernimmt keine Haftung, gleich welcher Art, für Inhalt und Richtigkeit des Blogs.