Erstes EuGH-Urteil zu Regeln über Preisermäßigungen
Vor zwei Jahren wurden in § 9a Preisauszeichnungsgesetz (PrAG) neue Regeln über das Bewerben von Rabatten für Sachgüter eingeführt. Wenn Unternehmer Preisermäßigungen in Beträgen oder in Prozenten bekanntgeben, haben sie seither auch den niedrigsten Preis anzugeben, der zumindest einmal innerhalb von 30 Tagen in demselben Vertriebskanal verlangt wurde. Damit soll eine Täuschung über das tatsächliche Ausmaß von Rabatten verhindert werden, etwa indem Unternehmer Preise künstlich hochsetzen (sogenannte „Mondpreise“), um dann mit vermeintlich beträchtlichen Rabatten zu werben.
Der EuGH (Rechtssache C‑330/23) hat nun mit der ersten Entscheidung zur zugrundeliegenden EU-Preisangaben-Richtlinie klargestellt, dass es nicht genügt, den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage nur in der Werbung anzugeben. Vielmehr muss die beworbene Preisermäßigung sich auch auf diesen Referenzpreis beziehen. Die bloße Angabe verschiedener Preise würde Verbraucher eher verwirren als aufklären.
Hintergrund des Falls war eine Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen einen Lebensmittel-Diskonter wegen Werbung mit Preisermäßigungen:

In den Märkten betrug der Preis für Bananen seit Mitte September 2022 durchgehend 1,69 €/kg. Lediglich im Zeitraum von 19. bis 24. September galt ein reduzierter Preis von 1,29 €/kg. Der Preis unmittelbar vor Beginn des Angebots war erneut 1,69 €/kg. Beim Preis für Ananas verhielt es sich ähnlich, der Diskonter gab hierzu aber keine prozentuale „Ermäßigung“ an, sondern kennzeichnete das Angebot als „Preis-Highlight“.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beurteilte die Preisauszeichnung als unlauter und beantragte ein Unterlassungsurteil. Die in Prozenten angegebene Ermäßigung sei nicht auf Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage ermittelt worden. Ebenso liege kein „Preis-Highlight“ vor, wenn der beworbene Preis höher sei, als der niedrigste Preis der letzten 30 Tage. Strittig war, ob die angebotene Preisermäßigung notwendigerweise auf dem „vorherigen Preis“ basieren müsse.
Die Gesetzesänderung beruht auf der Richtlinie 2019/2161 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften, die wiederum Art 6a Abs 1 Richtlinie 98/6 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse änderte. Das Landgericht Düsseldorf bat daher den EuGH um Klarstellung.
Der EuGH entschied, dass es die erklärten Zwecke und Ziele der RL 98/6/EG beeinträchtigen würde, bei der Werbung mit einer Preisermäßigung den „vorherigen Preis“ zwar nur zu nennen, diesen aber nicht als tatsächliche Bemessungsgrundlage für eine gleichzeitig beworbene Ermäßigung heranzuziehen. Ein als ermäßigt angegebener Verkaufspreis kann dementsprechend nicht genauso hoch oder sogar höher sein als der „vorherige Preis“.
Dasselbe gilt für eine Werbeaussage, mit der die Vorteilhaftigkeit des angegebenen Preises hervorgehoben werden soll, wie etwa „Preis-Highlight“ im Anlassfall. Auch dies hat sich auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu beziehen. Im vorliegenden Fall war dieser Referenzpreis niedriger als das beworbene „Preis-Highlight“.
Auch zum Verhältnis dieser Sonderbestimmung zum Irreführungsverbot der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG nahm der EuGH Stellung. Die Ankündigung solcher Preisermäßigungen ist anhand des Art 6a Richtlinie 98/6/EG zu beurteilen und nicht anhand der Bestimmungen der Richtlinie unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG. Auch in Österreich könnten jedoch Verbraucherschutzverbände (neben Mitbewerbern) gerichtlich gegen Verstöße gegen § 9a PrAG vorgehen, weil diese unlauterer Rechtsbruch nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG sind.
Praxistipp:
Bei der Bewerbung einer Preisermäßigung muss der günstigste Preis der letzten 30 Tage angegeben werden und dieser Preis muss gleichzeitig auch die Bemessungsgrundlage für die beworbene Preisermäßigung bilden. Erst wenn mehr als 30 Tage ein nicht rabattierter Normalpreis gilt, darf ein neuer Rabatt wieder von diesem Normalpreis berechnet und beworben werden.
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