Reform des EU-Designrechts beschlossen
Wie in unserem Law Blog vom 22. Dezember 2022 berichtet, hatte die EU‑Kommission im November 2022 vorgeschlagen, die Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (VO (EG) 6/2002) und die Designrichtlinie (RL 98/71/EG) zu modernisieren und an das digitale Zeitalter anzupassen.
Das Europäische Parlament traf im Dezember 2023 vorläufige Vereinbarungen mit dem Rat zu den Änderungsvorschlägen, am 14. März 2024 nahm es die vereinbarten Adaptionen nun auch förmlich an.
Begriffe
Sowohl Verordnung als auch Richtlinie sollen den Begriff „Geschmacksmuster“ durch den moderneren und gängigeren Begriff „Design“ ersetzen. „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ sind zukünftig entsprechend „EU‑Designs“.
Schutzvoraussetzungen
Da jüngst neue Technologien wie 3D-Druck und künstliche Intelligenz immer beliebter geworden sind, soll der Designschutz nicht mehr nur physische Gegenstände erfassen, sondern auch an der digitalen Front wirken. Der Begriff „Erzeugnis“ soll zukünftig „jeden industriellen oder handwerklichen Gegenstand, … unabhängig davon, ob er in einem physischen Objekt verwendet wird oder eine nicht physischeForm annimmt“, darunter auch „räumliche Anordnungen von Gegenständen, mit denen ein Innen- oder Außenraumumfeld gebildet werden soll“ sowie grafische Arbeiten und grafische Anwenderschnittstellen erfassen– also auch digitale Produkte.
Gedacht wurde hierbei insbesondere an Animationen, Karten und Schriftarten. Designs, die Aspekte des kulturellen Erbes wie Artefakte, Natur- oder Kulturdenkmäler wiedergeben, sollen nicht geschützt werden, weil dies zu Missbrauch führen könnte. Software ist ebenso weiterhin vom Designschutz ausgenommen, sie wird nach EU-Recht durch Urheberrechte geschützt.
Registrierung und Bekanntmachung
Schutz soll nur für Erscheinungsmerkmale eines Designs gewährt werden, die in der Anmeldung zur Eintragung sichtbar dargestellt werden. Die Anmeldung muss daher eine hinreichend klare Darstellung des Designs enthalten, die es ermöglicht, den Gegenstand, für den Schutz beansprucht wird, zu bestimmen.
Inhaber eines EU-Designs sollen mit einem Eintragungssymbol die Öffentlichkeit über die Eintragung informieren können. Das Eintragungssymbol Ⓓ besteht aus dem Buchstaben „D“ in einem Kreis (Art 26a) und ist an das ®-Symbol für eingetragene Marken und das ©-Symbol für den Urheberrechtschutz angelehnt.
Schutzumfang und Ausnahmen
Beide Rechtsakte sehen nunmehr ausdrücklich vor, dass Designs auch urheberrechtlich geschützt werden können, sofern die entsprechenden Anforderungen erfüllt sind.
Komponenten von Produkten sollen nicht unter den Designschutz fallen, um einen offenen Ersatzteilmarkt in der Union zu gewährleisten. Verbraucher sollen zwischen konkurrierenden Ersatzteilen frei wählen können.
Sowohl die neue Verordnung als auch die Richtlinie sehen daher eine Ausnahme für Ersatzteile vom Designschutz vor. Hersteller oder Verkäufer von Ersatzteilen können sich aber nur auf die Ausnahme berufen, wenn sie klar und sichtbar über den Ursprung ihres Erzeugnisses informieren, um Verbrauchern eine sachkundige Entscheidung zu ermöglichen. Ersatzteilanbieter sollten daher tunlichst vermeiden, über die Herkunft aus dem Unternehmen des Originalherstellers zu täuschen.
Die Übergangsfrist zur Liberalisierung des Ersatzteilmarktes wurde mit den neuesten Adaptionen verkürzt. Mitgliedsstaaten, die Ersatzteilen nach nationalem Recht noch Designschutz gewähren, müssen diesen Schutz bereits binnen acht statt zehn Jahren aufheben.
Die Richtlinie erlaubt Mitgliedstaaten nicht mehr, nicht-eingetragene Designs nach nationalem Recht zu schützen. Das nicht-eingetragene EU-Designrecht gewährt ausreichenden Schutz und erfordert kein paralleles nationales Recht. Weiterhin bleibt das nicht-eingetragene Design auf Nachahmungshandlungen beschränkt, zufällige Parallelschöpfungen können nicht untersagt werden.
Schutzdauer
Die Schutzdauer von fünf Jahren (auf maximal 25 Jahre verlängerbar) für eingetragene Designs soll in Zukunft einheitlich mit der Anmeldung eines Designrechts beginnen. Die Schutzwirkungen treten jedoch erst mit der Eintragung ein.
Gebührensenkung
Die Gebühren des EUIPO sollen gesenkt werden, um Einzelpersonen und kleine Unternehmen dazu zu bewegen, ihre Designs zur Eintragung anzumelden.
Während die Gebühr für die Eintragung und Bekanntmachung eines Designs EUR 350 beträgt, werden die Verlängerungsgebühren angepasst. Die Verlängerungsgebühr beginnt mit EUR 150 für die erste Verlängerung pro Design und steigt auf EUR 700 für die vierte Verlängerung.
Der Schutz eines EU-Geschmacksmusters wird für bis zu 5 Jahre möglich sein und kann um einen bis vier weitere Fünfjahreszeiträume auf bis zu 25 Jahre verlängert werden. Die neuen Vorschriften enthalten Bestimmungen über die Eintragung von Geschmacksmustern, deren Verlängerung und Änderungen.
Inkrafttreten und Übergangszeit
Die Verordnung und die Richtlinie werden am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten. Die Verordnung gilt vier Monate nach ihrem Inkrafttreten. Die Mitgliedstaaten haben 36 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationalem Recht umzusetzen.
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