Neuerung für NPL-Transaktionen
Das Kreditdienstleister- und Kreditkäufergesetz (KKG)
Nach mehr als einjähriger Verspätung und der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Europäische Kommission trat das Bundesgesetz über Kreditdienstleister und Kreditkäufer (Kreditdienstleister- und Kreditkäufergesetz – KKG) am 18. März 2025 schließlich in Kraft. Mit dem KKG wird die EU-Richtlinie über Kreditdienstleister und Kreditkäufer umgesetzt, welche die Verringerung von notleidenden Krediten („non performing loans“, „ NPLs“) in der EU verfolgt. Durch den Abbau von Übertragungshürden, die Einführung von Schutzmaßnahmen und der Schaffung einheitlicher Vorgaben für die Wahrung der Rechte der Kreditnehmer soll die Entwicklung eines gut funktionierenden Sekundärmarktes für notleidende Kredite in Österreich und der EU gestärkt werden.
Der Anwendungsbereich des KKG
Das Gesetz schafft einen einheitlichen Rahmen für den Umgang mit notleidenden Krediten. § 3 Z 13 KKG definiert NPLs als Kreditverträge, die als notleidende Risikopositionen gemäß Art 47a CRR eingestuft werden.
§ 2 Abs 2 KKG statuiert, dass vertrags- und zivilrechtliche Grundsätze für die Übertragung von Kreditverträgen oder von Ansprüchen aus Kreditverträgen durch das KKG nicht berührt werden, weshalb vertraglich vereinbarte Übertragungsbeschränkungen wie beispielsweise Zessionsverbote weiterhin zu beachten sind.
Der Anwendungsbereich des KKG erstreckt sich gemäß § 2 Abs 1 KKG auf
- Kreditkäufer, die Ansprüche eines Kreditgebers aus einem notleidenden Kreditvertrag, der von einem in der Europäischen Union niedergelassenen Kreditinstitut gewährt wurde, oder den notleidenden Kreditvertrag selbst erwerben, sowie
- Kreditdienstleister, die im Namen eines Kreditkäufers für die Ansprüche eines Kreditgebers aus einem notleidenden Kreditvertrag, der von einem in der Europäischen Union niedergelassenen Kreditinstitut gewährt wurde, oder aus dem notleidenden Kreditvertrag selbst tätig werden.
§ 2 Abs 5 KKG legt fest, dass die Erbringung von Kreditdienstleistungen durch ein in der Europäischen Union niedergelassenes Kreditinstitut, einen Verwalter alternativer Investmentfonds, eine Verwaltungsgesellschaft oder ein Nichtkreditinstitut, das der Beaufsichtigung einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats unterliegt, nicht in den Anwendungsbereich fällt.
Das in Art 2 Abs 6 der Richtlinie (EU) 2021/2167 enthaltene Wahlrecht für Mitgliedstaaten zur Ausnahme der Erbringung von Kreditdienstleistungen von Notaren, Gerichtsvollziehern oder Rechtsanwälten im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit, wird in § 2 Abs 6 KKG der österreichischen Umsetzung ausgeübt.
Der Regelungsinhalt im Detail
Im Wesentlichen normiert das KKG Anforderungen an die Tätigkeit von Kreditdienstleistern, Rechte und Pflichten von Kreditkäufern sowie Informationspflichten gegenüber Kreditkunden.
§ 3 Z 8 KKG definiert den Kreditdienstleister als juristische Person, die im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit den Ansprüchen eines Kreditgebers aus einem notleidenden Kreditvertrag oder dem notleidenden Kreditvertrag selbst im Namen des Kreditkäufers verwaltet und durchsetzt und die mindestens eine der in Z 9 leg cit definierten Kreditdienstleistungen weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung erbringt. In Ausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts dürfen Kreditdienstleister keine Mittel von Kreditnehmern entgegennehmen oder halten (§ 6 KKG). Nach den Materialien würde das Entgegennehmen und Halten von Mitteln Konflikte mit § 1 BWG hervorrufen und die Einrichtung komplexer Schutzmechanismen erforderlich machen. Gleichzeitig handelt es sich dabei um das Unterscheidungskriterium zu Inkassoinstituten iSd § 94 Z 36 iVm § 118 der Gewerbeordnung 1994.
Demgegenüber hat der deutsche Gesetzgeber das Mitgliedsstaatenwahlrecht dahingehend in Anspruch genommen, als er die Entgegennahme und das Halten finanzieller Mittel von Kreditnehmern zur Übertragung dieser Mittel an Kreditkäufer gestattet (§ 17 Kreditzweitmarktgesetz, KrZwMG).
Kreditdienstleister bedürfen für ihre Tätigkeit einer Zulassung durch die FMA (§ 4 ff KKG). Voraussetzung für die Erteilung der Zulassung ist, dass die juristische Person ihren Sitz/ihre Hauptverwaltung in dem Mitgliedsstaat hat, in dem die Zulassung beantragt wird, dass der Antragsteller solide Regelungen für die Unternehmensführung und angemessene interne Kontrollverfahren eingerichtet hat und dass der Antragsteller über angemessene Grundsätze zur fairen und umsichtigen Behandlung der Kreditnehmer verfügt (§ 5 Abs 1 KKG). § 9 KKG verpflichtet die FMA zur Erstellung und Führung eines Verzeichnisses über sämtliche in Österreich zugelassene Kreditdienstleister.
Korrespondierend mit dem KKG werden der FMA als zuständiger Behörde die notwendigen Aufsichts-, Untersuchungs- und Sanktionsbefugnisse im FMABG eingeräumt.
Ein Kreditkäufer wird demgegenüber als natürliche oder juristische Person definiert, die kein Kreditinstitut ist und in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Ansprüche eines Kreditgebers aus einem notleidenden Kreditvertrag oder den notleidenden Kreditvertrag selbst kauft.
§ 15 KKG statuiert das Recht auf Informationserteilung von potenziellen Kreditkäufern gegenüber Kreditinstituten vor Abschluss des Übertragungsvertrags. Das Kreditinstitut hat dem Kreditkäufer sämtliche Informationen über die Ansprüche des Kreditgebers aus dem notleidenden Kreditvertrag oder über den notleidenden Kreditvertrag selbst sowie etwaige Sicherheiten zur Verfügung zu stellen. Nach den Erläuterungen ist die Weitergabe personenbezogener Daten der Kreditnehmer in diesem Kontext notwendig und gerechtfertigt, damit Kreditkäufer vor dem Eingehen der Transaktion die Kredite prüfen und eine sachkundige Kaufentscheidung treffen können.
Sofern der Kreditvertrag mit einem Verbraucher geschlossen wurde, normiert § 16 KKG für Kreditkäufer die Pflicht zur Benennung eines Kreditdienstleisters oder eines Rechtsträgers gemäß § 2 Abs. 5 Z 1 lit. a oder c KKG (ein in der EU niedergelassenes Kreditinstitut oder ein Nichtkreditinstitut, das der Beaufsichtigung durch eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats gemäß Art 20 der Richtlinie 2008/48/EG oder Art 35 der Richtlinie 2014/17/EU unterliegt, wenn es in diesem Mitgliedstaat tätig ist) zur Durchführung von Kreditdienstleistungen für Ansprüche eines Kreditgebers aus einem notleidenden Kreditvertrag oder den notleidenden Kreditvertrag selbst. Dies gilt nicht für Kreditkäufer, die nicht in der EU wohnhaft bzw ansässig sind oder ihre Hauptverwaltung nicht in der EU haben, sofern ihr nach § 18 KKG zu benennender Vertreter selbst ein in § 2 Abs. 5 Z 1 lit. a oder c genannter Rechtsträger oder ein Kreditdienstleister ist.
Beim Kauf unterliegen sowohl Kreditkäufer als auch Kreditdienstleister als deren Erfüllungsgehilfen dem Bankgeheimnis gemäß § 38 BWG. Eine Eigenheit der österreichischen Umsetzung liegt darin, dass das Bankgeheimnis nach den Erläuterungen zu § 16 auch auf potenzielle Kreditkäufer anwendbar gemacht wird, obwohl dies im Regelungstext nicht ausdrücklich statuiert ist.
Der zweite Abschnitt des KKG enthält einen umfassenden Katalog an Verfahrens- und Strafbestimmungen. Verwaltungsübertretungen, die von einem Verantwortlichen eines Kreditkäufers oder -dienstleisters iSd § 9 VStG begangen werden, sind mit Geldstrafe bis zu EUR 150.000 oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens zu bestrafen. Gegen juristische Personen kann alternativ eine Geldstrafe bis zu zehn Prozent des jährlichen Gesamtnettoumsatzes verhängt werden.
Fazit
Mit dem neuen KKG wird EU-weit ein wichtiger rechtlicher Rahmen geschaffen, um Transparenz, Verbraucherschutz und Fairness im Umgang mit notleidenden Krediten zu stärken. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Umsetzung in der Praxis gestaltet, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle der neuen Akteure und die Effizienz der Aufsicht.
Gerne steht Ihnen das Financial Services Regulatory Team von Binder Grösswang zur Verfügung, um Sie bei den aufsichtsrechtlichen Herausforderungen zu unterstützen!
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