FMA legt Kreditvergabestandards nach Auslaufen der KIM-V fest
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Die FMA veröffentlichte am 26. Juni 2025 ein Rundschreiben zur soliden Vergabe von Wohnimmobilienkrediten (WIK-RS), das den Rahmen für die Kreditvergabe nach Auslaufen der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) am 30. Juni 2025 festlegt.
Der einschlägige Rechtsrahmen
Nach Auslaufen der KIM-V existieren für Kreditinstitute keine verpflichtenden makroprudenziellen Vorschriften zu den Kreditvergabestandards mehr. Seit der Implementierung von Basel II gibt es jedenfalls durch die CRD - umgesetzt in § 5 Abs 1 Kreditinstitute-Risikomanagementverordnung (KI-RMV) - die Vorgabe, dass die zuständigen Behörden sowohl ein solides Risikomanagement als auch eine solide Risikoabdeckung zu gewährleisten haben. Weitergehende Präzisierungen finden sich in den EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe (KV-GL), zu denen sich die FMA compliant erklärt hat. Da private Wohnimmobilienfinanzierungen auch in den Anwendungsbereich der FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft und andere Geschäfte mit Adressenausfallrisiken (FMA-MS-K) fallen, ist das WIK-RS komplementär zu den FMA-MS-K zu sehen.
Zur Rechtsqualität des Rundschreibens
Im Gegensatz zur KIM-V hat das WIK-RS keinen Verordnungscharakter. Das WIK-RS definiert die aufsichtsrechtliche Erwartungshaltung der FMA zur Kreditvergabe für private Wohnimmobilienfinanzierungen. Es dient als Orientierungshilfe und konkretisiert die Rechtsansicht der FMA zur Auslegung von § 5 Abs. 1 KI-RMV sowie den daraus resultierenden Verhaltenspflichten. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus dem WIK-RS nicht abgeleitet werden.
Anforderungen an die solide Kreditvergabe
Kernstück des Rundschreibens bildet im Einklang mit der Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) die mit der KIM-V etablierte Anforderungstrias für eine solide Kreditvergabe: (i) Schuldendienstquote, (ii) Beleihungsquote und (iii) Laufzeit.
- Um die Leistbarkeit sicherzustellen, ist ein Richtwert für eine Schuldendienstquote von 40% in Verbindung mit einer maximalen Laufzeit von 35 Jahren vorgesehen. Um dem Zinsänderungsrisiko angemessen Rechnung zu tragen, soll bei Finanzierungen mit einer geringeren Zinsbindungsfrist als der Laufzeit der Finanzierung die Schuldendienstquote angepasst werden.
- Da das Risiko besteht, dass das erwartete, für die Berechnung der Schuldendienstquote herangezogene Einkommen nicht in der erwarteten Höhe und/oder nicht über den gesamten Zeitraum des Kredits generiert wird, sollen ab einer im Verhältnis zur Bonität und zum Einkommen des Kreditnehmers zu definierenden Kredithöhe Sicherheiten verlangt werden. Jedenfalls sollen ab einer Kredithöhe von EUR 50,000 ausreichend Sicherheiten verlangt werden, um die Finanzierung vollständig abzudecken. Als Richtwert gilt eine Beleihungsquote von maximal 90% der Kreditvergabe.
- Im Grunde orientiert sich die Laufzeit an den erwarteten Einkommensströmen des Kreditnehmers. Nach Maßgabe von Rz 104 KV-GL sind bei der Bewertung zusätzliche Faktoren wie die Lebenserwartung, die Einkommensreduktion aufgrund Pensionierung sowie die mit fortschreitendem Lebensalter steigenden Risiken zu berücksichtigt. Laufzeiten über 35 Jahren sind ausschließlich in begründeten Ausnahmefällen zulässig.
Die Neuerungen im Überblick
Was sich mit dem Auslaufen der KIM-V ändert, ist, dass Kreditinstitute von den Anforderungen hinsichtlich der Schuldendienst- und Beleihungsquote sowie der Laufzeit unter der Voraussetzung, dass eine solide Kreditvergabe trotzdem gewährleistet ist, abweichen können. Gemäß Punkt 2.3. des WIK-RS sind Ausnahmen zulässig, wenn
- die Bedingungen für eine abweichende Behandlung in den internen Kreditvergabestandards klar und quantitativ definiert sind;
- betragsmäßige Grenzen für Ausnahmen sowohl für Einzelexposures als auch für die Gesamtheit der privaten Wohnimmobilienfinanzierung außerhalb der Sphäre „Markt“ definiert sind; und
- jede Anwendung der abweichenden Kreditvergabestandards ausreichend dokumentiert wird, insbesondere in Hinblick auf die Gründe, warum die konkrete Anwendung der Abweichung den Kriterien für eine Ausnahme genügt und wie sich die Ausnahmen auf das Gesamtportfolio auswirken.
Überprüfung der Kreditvergabestandards
Die Sicherstellung solider Kreditvergabestandards wird von der FMA tourlich auf Basis der entsprechenden Meldungen gemäß Anlage H der VERA-V überwacht und bei Management- und Aufsichtsgesprächen sowie im Rahmen der SREP adressiert. Ob die Vergabe von privaten Wohnimmobilienfinanzierungen den internen Richtlinien der Kreditinstitute entspricht, vor allem die korrekte Anwendung der Ausnahmeregelungen, ist von der Internen Revision des Kreditinstituts regelmäßig zu überprüfen.
Fazit
Das nach Auslaufen der KIM-V den Rahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe definierende WIK-RS sieht Ausnahmen von den Anforderungen an die solide Kreditvergabe vor und definiert entsprechende Voraussetzungen für Abweichungen von diesen Vorgaben. Die Vorgaben werden aber weiterhin von der FMA als Richtwert für die solide Kreditvergabe angesehen. Wenn Kreditinstitute von diesen Vorgaben abweichen, müssen sie zeigen können, dass dieser größere Risikoappetit durch ihre Risikostrategie gedeckt ist, was indes ein höheres Kapitalerfordernis bedeuten kann.
Gerne steht Ihnen das Financial Services Regulatory Team von Binder Grösswang zur Verfügung, um Sie bei den aufsichtsrechtlichen Herausforderungen zu unterstützen!
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