Austrian Limited – where art thou?
Mit dem Regierungsprogramm 2020-2024 wurde neben einer Reform von GmbH und AG auch das Vorhaben einer neuen Gesellschaftsform angekündigt (bekannt vor allem unter dem Schlagwort „Austrian Limited“).
Dabei soll - aufbauend auf internationalen Beispielen - eine neue Kapitalgesellschaftsform geschaffen werden, die besonders für innovative Start-ups und Gründer*innen in ihrer Frühphase eine international wettbewerbsfähige Option bietet. Nach dem Regierungsprogramm ist es unter anderem beabsichtigt, eine unbürokratische Gründung (Stammkapital-Ansparmodelle, digitale Behördenwege, Englisch als Amtssprache) und eine flexible Anteilsvergabe an mögliche Investor*innen sowie Mitarbeiter*innen (mit minimalen, digitalen Behördenwegen) zu ermöglichen.
Unabhängig von der Schaffung einer neuen Gesellschaftsform hat sich die Regierung zusätzlich die Flexibilisierung des Kapitalgesellschaftsrechts (GmbH, AG) auf die Fahnen geschrieben: Die bestehenden Regelungen sollen insbesondere in Hinsicht auf Familienunternehmen und Start-ups flexibilisiert werden (unter Berücksichtigung des Anlegerschutzes und der Gläubiger).
Ob die neue Austrian Limited als neue Gesellschaftsform eingeführt werden soll oder im Wege einer grundlegenden Novellierung der derzeitigen GmbH und/oder AG Bestimmungen geschaffen wird, ist offen und bleibt abzuwarten.
Mögliche Eckpunkte der neuen „Austrian Limited“
Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und das Justizministerium befinden sich derzeit noch in Abstimmung zur Ausgestaltung des Vorhabens. Das BMDW hat zu diesem Zweck bereits externe Gutachten im Hinblick auf die mögliche Ausformung der neuen Gesellschaftsform eingeholt. Im Rahmen mehrerer Ankündigungen der Regierung im Laufe des Jahres 2020 wurden weitere Details gestreut. Folgende Eckpunkte werden zur neuen Austrian Limited mitunter diskutiert:
- Höhe des Mindeststammkapitals von EUR 5.000 oder EUR 10.000, wobei die Hälfte auch durch Sacheinlagen und Dienstleistungen aufgebracht werden kann (allenfalls unter Vorschreibung eines Ansparmodells, ähnlich der bestehenden gründungsprivilegierten GmbH)
- Aufhebung der Formpflichten (Notariatsaktform bei Gründung und Anteilsübertragungen)
- Allgemeine Vereinfachung der Formvorschriften unter anderem für Umlaufbeschlüsse (einfache Schriftform oder auch Textform (z.B. E-Mail))
- Option zur Ausfertigung des Gesellschaftsvertrags in englischer Sprache (die verfassungsrechtliche Konformität wird noch zu klären sein)
- Einführung von verschiedenen Anteilsklassen und Einführung von Anteilen ohne Stimmrecht, dies vor allem im Hinblick auf die Beteiligung von Mitarbeiter*innen ohne Stimmrecht
- Flexibilität von Kapitalmaßnahmen (z.B. genehmigtes oder bedingtes Kapital in Anlehnung an die AG)
- Führung eines Anteilsbuches durch die Gesellschaft (statt Transparenz der Gesellschafter im Firmenbuch)
- Optimierung des Beschlussanfechtungsrechts
- Ausbau von Minderheitsrechten
Insgesamt scheinen die Überlegungen und Forderungen zur Austrian Limited in die Richtung einer Mischform aus GmbH und AG abzuzielen und die Vorteile beider Kapitalgesellschaftsformen vereinen zu wollen (zum Teil wird die neue Gesellschaftsform daher auch unter dem Schlagwort „AG light“ diskutiert).
Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, welche Vorschläge tatsächlich in den Gesetzesentwurf einfließen werden und ob der Entwurf tatsächlich grundlegende Neuerungen mit sich bringt.
Vereinfachung Formvorschriften für die Austrian Limited?
Nach derzeitiger Gesetzeslage bedarf der Abschluss des Gesellschaftsvertrags bei Gründung der GmbH oder auch der Anteilskauf- und Übertragungsvertrag bei Übertragung von GmbH-Anteilen der Form des Notariatsaktes. Weiters bedürfen Unterschriften im Gründungsprozess der notariellen Beglaubigung.
Der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich die anlässlich Corona eingeführte Möglichkeit der notariellen Beglaubigung von Unterschriften und Errichtung von Notariatsakten mittels ununterbrochener, optischer und akustischer Zweiweg-Verbindung in Echtzeit (4. COVID-19-Gesetz) in leicht adaptierter Form dauerhaft übernommen (§ 90a NO). Daher besteht bereits jetzt die Möglichkeit der Errichtung des Notariatsakts zur Gründung oder sonstiger öffentlich beglaubigter Urkunden unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten ohne gleichzeitige physische Anwesenheit vor dem Notar.
Nachdem der Gründungsvorgang der GmbH daher schon jetzt optional digital abgewickelt werden kann, ist fraglich, ob bei Schaffung einer neuen Gesellschaftsform jene Formvorschriften dennoch wegfallen werden oder ob durch diese bereits geschaffene digitale Alternative ausreichend Flexibilität gegeben ist.
Umsetzung 2021?
Die angekündigten Bestrebungen zur Schaffung einer Austrian Limited wurden seitens der Regierung im Jahr 2020 wiederholt bekräftigt. Ziel war es ursprünglich, den Vorschlag noch im Herbst 2020 in Begutachtung zu bringen, was jedoch nicht erfolgt ist. Auf den Stand der Verhandlungen angesprochen zeigte sich die Justizministerin zuletzt in einer Ausschusssitzung von Anfang Dezember 2020 überzeugt, „ein wirklich gutes Paket für Gründer*innen auf den Weg bringen zu können“ - ohne jedoch eine nähere Zeitschiene zu nennen. Es bleibt für den Moment daher nur weiter gespannt auf den Gesetzesentwurf zu warten.
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