EBA reduziert Auslegung von Finanztransfergeschäften
Einer Konzessionspflicht für Finanztransfergeschäfte unterliegen auch solche Weiterleitungen von Zahlungsmitteln, bei denen nicht einmal ein eigenes Zahlungskonto eingerichtet wird. Die EBA veröffentlichte nun eine Einschränkung des weiten Verständnisses der Praxis dieses Tatbestands.
Finanztransfer als Auffangbecken der Zahlungsdienste
Finanztransfergeschäfte sind nach § 1 Abs 2 Z 6 Zahlungsdienstegesetz 2018 (ZaDiG) die folgenden zwei Arten von Diensten:
- Entgegennahme eines Geldbetrags eines Zahlers nur zum Transfer eines entsprechenden Betrags an den Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfänger handelnden Zahlungsdienstleister ohne Einrichtung eines eigenen Zahlungskontos („Zahlerfinanztransfer“, ähnlich einer Überweisung).
- Ein Geldbetrag wird im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht („Zahlungsempfängerfinanztransfer“).
Es handelt sich dabei um die innerstaatliche Umsetzung des Art 4 Nr 22 der Zahlungsdiensterichtlinie II (PSD II) und umfasst nach den Erwägungsgründen einen einfachen Zahlungsdienst, der idR auf Bargeld beruht, das der Zahler einem Zahlungsdienstleister übergibt, der den entsprechenden Betrag bspw über ein Kommunikationsnetz an einen Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister weiterleitet. Die EU hatte damit bspw Supermärkte sowie Groß- und Einzelhändler vor Augen, die ihren Kunden eine entsprechende Dienstleistung für die Bezahlung von Rechnungen von Versorgungsunternehmen und anderen regelmäßigen Haushaltsrechnungen anbieten. Insbesondere die sogenannten Money-Transmitter-Systeme sind mittlerweile sehr verbreitet, die grenzüberschreitende Geldtransaktionen selbst dort ermöglichen, wo Bankbeziehungen fehlen. Die Art der Übertragung ist völlig offen, um die regelmäßig fortschreitenden technologischen Entwicklungen zur Gänze zu umfassen.
Wesentlich ist damit, dass es sich um ein dreipersonales Verhältnis handelt und die Transaktionen nicht über Zahlungskonten abgewickelt werden. Eine interne Verbuchung über Verbuchungskonten bzw. Poolkonten schadet nicht. Dass der Finanztransferdienstleister noch zusätzliche Dienstleistungen, wie Forderungsmanagement, erbringt, schließt den Tatbestand nicht aus. Sobald jedoch eine Dispositionsbefugnis über die entgegengenommenen Zahlungsmittel besteht und diese an andere Empfänger transferiert werden können, ist anzunehmen, dass ein Zahlungsgeschäft mit entsprechendem Zahlungskonto vorliegt.

Es bestehen sohin viele Abgrenzungsprobleme, die im jeweiligen Fall eine gründliche Einzelfallprüfung erfordern. Um Finanztransfergeschäfte in Österreich gewerblich erbringen zu dürfen, ist eine Konzession als Zahlungsinstitut oder Kreditinstitut von der FMA erforderlich.
Von besonderer Bedeutung war daher bisher in diesem Zusammenhang das „Konzernprivileg“ des § 3 Abs 3 Z 14 ZaDiG, wonach Zahlungsvorgänge zwischen einem Mutterunternehmen und seinem Tochterunternehmen ohne Mitwirkung eines externen Zahlungsdienstleisters jedenfalls keine konzessionspflichtigen Zahlungsdienste sind. Davon ist insb das Konzernclearing oder -netting umfasst, bei dem periodisch die internen Forderungen saldiert und durch Überweisungen ausgeglichen werden. Die Ausnahme gilt umso mehr für das konzerninterne Cash Pooling. Maßgeblich ist dafür der unternehmensrechtliche Konzernbegriff des § 244 UGB, sodass die Bereichsausnahme nach einer Auslegung der Bafin daher nicht auf Gleichordnungskonzerne anwendbar ist.
EBA Q&A bringt neue Erkenntnisse
Stakeholder haben die Möglichkeit, der EBA im Wege eines „Q&A“ praktische Fragen zur Umsetzung von Aufsichtsgesetzen in deren Zuständigkeitsbereich zu stellen. In diesem Rahmen wurde die EBA zur Question ID 2022_6489 zur Auslegung der Definition von Zahlungsdiensten und insbesondere der Definition der Ausführung von Zahlungsvorgängen in Bezug auf eine Non-Profit-Organisation als Netting-Zentrum konsultiert.
Multilaterales Netting ist ein Finanzverfahren, bei dem mehrere Zahlungsströme für jeden Teilnehmer zu einem einzigen Nettobetrag zusammengefasst werden. Wie im Falle von verbundenen Unternehmen einer Gruppe können auch Mitglieder einer Non-Profit-Organisation („NPO“) untereinander Geschäftsbeziehungen unterhalten. Eine NPO kann daher eine multilaterale Netting-Vereinbarung abschließen, um beispielsweise den Zeitaufwand für das Einholen von Rechnungen für seine Mitglieder zu reduzieren und Überweisungsprozesse von Geldern zwischen den Mitgliedern zu vereinfachen. Vereinfacht gesprochen laden Mitglieder Rechnungen in das Netting-System und dieses berechnet zB monatlich, wie der Saldo eines jeden Teilnehmers gegenüber den anderen Teilnehmern ist. Die offenen Gelder werden sodann an eine Verrechnungsstelle (idR im Namen der NPO) überwiesen, die die Gelder weiterleitet.
In der vorgelegten Frage wird um Konkretisierung ersucht, ob eine wie oben beschriebene NPO, die im Rahmen einer multilateralen Netting-Vereinbarung zwischen ihren Mitgliedern fungiert, einen Zahlungsdienst im Sinne der PSD II wie zB Finanztransfergeschäfte erbringt, wenn sie über ein in ihrem Namen eröffnetes Bankkonto Gelder der Mitglieder entgegennimmt und auch weiterleitet.
Die EBA führte in ihrer Beantwortung vom 11.10.2024 dazu zunächst aus, dass grundsätzlich die Entgegennahme und Weiterleitung von Geldern als Zahlungsdienst gilt, es sei denn, es liegt eine explizite Ausnahme vor.
Im vorliegenden Fall erhält die beschriebene NPO jedoch Gelder von Mitgliedern in Nettozahlerpositionen und überweist in weiterer Folge Gelder an Mitglieder in Nettoempfängerpositionen über ein Zahlungskonto, das in ihrem Namen von einem lizensierten Zahlungsdienstleister für die Ausführung von Zahlungsvorgängen geführt wird.
Die NPO tritt somit aus Sicht der EBA als Nutzer eines Zahlungsdienstes, d.h. als Zahlungsempfänger auf, wenn sie Gelder von Nettozahlern erhält und als Zahler, wenn sie Gelder an Nettoempfänger überweist.
Wenn ein Netting-Center sohin über ein auf seinen Namen eröffnetes Bankkonto Gelder von seinen Mitgliedern erhält und diese weiterleitet, handelt es sich um keinen Zahlungsdienst im Sinne der PSD II.
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