Geplante Änderung des Verbraucherkreditgesetzes sowie des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes
Der österreichische Gesetzgeber plant eine Novelle des Verbraucherkreditgesetzes („VKrG") und des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes („HIKrG"). Unmittelbarer Anlass dieser Novelle ist ein EuGH-Judikat (Lexitor) aus dem Jahr 2019 zur Frage der Reduktion von mit der Kreditierung verbundenen Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung. Alle Änderungen sollen mit 1. Dezember 2020 in Kraft treten und nur auf jene Kreditverträge anwendbar sein, die nach ihrem Inkrafttreten geschlossen werden.
Hintergrund
Nach der derzeitigen Regelung im VKrG und HIKrG führt eine vorzeitige Kreditrückzahlung zu einer entsprechenden Verringerung der vom Kreditnehmer zu zahlenden Zinsen sowie sonstigen laufzeitabhängigen Kosten (§ 16 Abs 1 S 3 VKrG sowie – gleichlautend – § 20 Abs 1 S 3 HIKrG). Die Bestimmung im VKrG hat ihre unionsrechtliche Grundlage in der Verbraucherkredit-Richtlinie (RL 2008/48/EG). Der EuGH hat am 19. September 2019 in der Rs Lexitor jedoch entschieden, dass das Recht des Verbrauchers auf die Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredites bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche ihm auferlegten Kosten umfasst (somit nicht nur laufzeitabhängige, sondern auch laufzeitunabhängige).
Ziel der Novellierung ist daher die Sicherstellung einer richtlinienkonformen Rechtslage.
Ermäßigung sämtlicher Kosten statt bloß der „laufzeitabhängigen“ Kosten
Vor dem genannten Hintergrund hat sich der Gesetzgeber daher dazu entschlossen, die Bestimmung des VKrG dahingehend zu novellieren, dass der Begriff „laufzeitabhängige“ gestrichen wird. Dadurch soll insofern eine richtlinienkonforme Rechtslage hergestellt werden, als der Ersatz der Kosten des Kredites nicht mehr nur auf laufzeitabhängige Kosten einschränkt sein soll; vielmehr wären zukünftig sämtliche Kosten, somit laufzeitabhängige ebenso wie laufzeitunabhängige, zu ersetzen.
Im Übrigen weisen die Gesetzesmaterialien zur Novelle darauf hin, dass vom nationalen Gesetzgeber nicht näher determiniert werden kann, welche konkreten Kosten Gegenstand der Reduktion sind. Die Entscheidung über die Auslegung der Verbraucherkredit-RL (und letzten Endes der die RL umsetzenden Bestimmungen des VKrG) liegt nämlich allein beim EuGH, denn dieser hat das alleinige Auslegungsmonopol in Unionsrechtssachen. Dennoch geht der österreichische Gesetzgeber nach den Materialien aber davon aus, dass die Provision eines Kreditvermittlers vom Gebot verhältnismäßiger Verringerung bei vorzeitiger Rückzahlung nicht umfasst ist.
Weiters soll die Parallelbestimmung des § 20 HIKrG analog geändert werden. Dies wäre nicht zwingend notwendig gewesen, da sich die EuGH-Entscheidung nur auf die Verbraucherkredit-RL bezogen hat, nicht hingegen auch auf die Wohnimmobilienkredit-RL (RL 2014/17/EU), in deren Umsetzung unter anderem die genannte Bestimmung des HIKrG ergangen ist. Da die hier relevanten Bestimmungen der Verbraucherkredit-RL und der Wohnimmobilienkredit-RL jedoch praktisch wortlautident sind, hat sich der österreichische Gesetzgeber dazu entschieden, die genannte Bestimmung des HIKrG in analoger Weise zur Bestimmung des VKrG anzupassen. Somit kann der Kreditnehmer auch im Anwendungsbereich des HIKrG bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche ihm auferlegten Kosten, also laufzeitabhängige ebenso wie laufzeitunabhängige, geltend machen.