Schadenersatzanspruch des Dienstgebers gegenüber dem Dienstnehmer für Abgabenschäden
Eine Vereinbarung zwischen einem Dienstnehmer und dem Betriebsinhaber, wonach das Dienst-Kfz auch für private Fahrten genutzt werden darf, geht im Zuge eines Betriebsübergangs auf den Erwerber über, auch wenn sie gegenüber dem Erwerber bewusst verschleiert wurde. Im Zusammenhang mit Nachforderungen von Steuern und Sozialversicherungsbeträgen besteht aber ein (teilweiser) Schadenersatzanspruch gegenüber dem Dienstnehmer. Dies sprach der OGH in einer aktuellen Entscheidung (OGH 24. 4. 2020, 8 ObA 66/19t) aus.
Dem Dienstnehmer wurde vom Geschäftsführer des ehemaligen Dienstgebers zugesagt, das Dienst-Kfz auch für private Zwecke nutzen zu dürfen. Um beiden Seiten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für den Sachbezug für die Privatnutzung zu ersparen, wurde vereinbart, dass anstatt von Privatfahrten erfundene dienstliche Fahrten in das Fahrtenbuch eingetragen werden sollen.
In der Folge ging der Betriebsteil, in dem der Dienstnehmer beschäftigt war, im Zuge eines Betriebsübergangs auf einen neuen Betriebsinhaber über. Da in den Lohnverrechnungsunterlagen der Buchhaltung kein Sachbezug ersichtlich war, ging der neue Betriebsinhaber davon aus, dass die private Nutzung des Dienst-Kfz nicht gestattet sei. Die ausschließlich dienstliche Nutzung des Dienst-Kfz wurde dem neuen Betriebsinhaber auf ausdrückliche Nachfrage vom ehemaligen Geschäftsführer des früheren Dienstgebers, der mittlerweile als Prokurist für den neuen Betriebsinhaber tätig war, bestätigt. Dem Dienstnehmer hingegen sagte der Prokurist (hinter dem Rücken des neuen Dienstgebers) die weitere Privatnutzung zu.
Im Zuge einer Steuerprüfung wurde die Absprache zur Verschleierung der Privatfahrten aufgedeckt und es kam zu Nachforderungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Der Dienstgeber, der von der Privatnutzung keine Kenntnis hatte, begehrte vom Dienstnehmer die nachverrechneten Beträge.
Der OGH erkannte, dass die Vereinbarung über die Privatnutzung des Dienst-Kfz mit dem ehemaligen Dienstgebers gültig zustande gekommen und im Zuge des Betriebsübergangs auch auf den neuen Dienstgeber übergegangen ist. Nichtig hingegen ist aber die Zusatzvereinbarung zur Verschleierung der privaten Fahrten zur Ersparnis von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, weshalb der neue Dienstgeber diesen Teil der Vereinbarung nicht gegen sich gelten lassen muss. Vielmehr hätte der Dienstnehmer den neuen Dienstgeber über diese Nebenabrede im Rahmen seiner Treuepflicht aufklären müssen.
Fraglich war, welche Beträge der neue Dienstgeber in diesem Zusammenhang zurück fordern kann. Schuldner der Lohnsteuer ist der Dienstnehmer, den Dienstgeber trifft diesbezüglich lediglich die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr. Hinsichtlich der auf den Sachbezug entfallenden Lohnsteuer hat der Dienstgeber jedenfalls einen Regressanspruch gegen den Dienstnehmer . Dies wurde bereits in der zweiten Instanz entschieden.
Der OGH kommt zum Ergebnis, dass der Dienstgeber die Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung, die Dienstgeberabgaben und -zuschläge für die Lohnsteuer sowie die Kommunalsteuer aufgrund der wirksamen Vereinbarung über die Privatnutzung des Dienst-Kfz jedenfalls zu tragen hat. Diese wären auch bei einer ordnungsgemäßen Deklaration der Privatnutzung angefallen. Ein Regress kommt diesbezüglich nicht in Betracht.
Allerdings ist dem Dienstgeber durch das treuwidrige Verhalten des Dienstnehmers ein ersatzfähiger Schaden hinsichtlich jener Beträge entstanden, die bei einer ordnungsgemäßen Deklaration der Privatnutzung nicht angefallen wären. Dies umfasst zunächst jedenfalls den Säumniszuschlag des Finanzamtes und die Verzugszinsen. Ausgiebiger hat sich der OGH aber mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Dienstgeber auch die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung vom Dienstnehmer aus dem Titel des Schadenersatzes fordern kann. Der OGH hat dies letztlich bejaht und klargestellt, dass die Bestimmung des § 60 Abs 1 ASVG, wonach der Abzug der Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung durch den Dienstgeber vom Entgelt des Dienstnehmers grundsätzlich spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrages nächstfolgenden Entgeltzahlung erfolgen muss, der Geltendmachung eines diesbezüglichen Schadenersatzanspruchs des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer nicht entgegensteht.
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