Kein Rücktritt von einer Zeitausgleichsvereinbarung wegen Krankheit
In einer aktuellen Entscheidung (OGH 29.04.2025, 9 ObA 17/25b) setzte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage auseinander, ob Arbeitnehmer*innen das Recht haben, von einer Zeitausgleichsvereinbarung wegen Krankheit zurückzutreten. Diese Frage stellte sich insbesondere für solche Fälle des Zeitausgleichs mittels derer besondere Arbeitsbelastungen wie Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen.
Im vorliegenden Fall begehrte der Angestelltenbetriebsrat eines Krankenhauses die Feststellung, dass Arbeitnehmer*innen im Krankheitsfall von einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Zeitausgleichsvereinbarung zurücktreten können. Der Kläger argumentierte, dass der Zeitausgleich häufig dazu diene, besondere Belastungen auszugleichen, da die Plusstunden zum Beispiel im Rahmen von Nachtarbeit oder Arbeit über die Wochenarbeitszeit hinaus entstanden seien. Eine Erkrankung würde die erforderliche Erholung des Zeitausgleichs vereiteln, weshalb ein Rücktrittsrecht gerechtfertigt sei.
Dieser Ansicht folgten jedoch weder die ersten beiden Instanzen noch der OGH. Der OGH stellte dabei unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung insbesondere auf den unterschiedlichen Zweck des Zeitausgleichs in Abgrenzung zum Urlaub ab. Eine Erkrankung während des Urlaubs bewirkt nämlich (unter bestimmten Voraussetzungen) die Unterbrechung des Urlaubs, der Urlaubsanspruch wird also nicht verbraucht und Arbeitnehmer*innen sind zum Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung berechtigt. Grund dafür ist der Erholungszweck des Urlaubs, der im Fall einer Krankheit nicht mehr erfüllt wird.
Obwohl - auch nach Ansicht des OGH – auch der Zeitausgleich unter anderem der Erholung diene, spiele der Erholungszweck beim Zeitausgleich im Gegensatz zum Urlaub nur eine untergeordnete Rolle. Der primäre Zweck des Zeitausgleichs sei nämlich die andere Verteilung der Arbeitszeit. Daran ändere sich selbst dann nichts, wenn der Erholungszweck beim Zeitausgleich in Fällen besonderer Belastung, wie beim Ausgleich von Nachtarbeit, etwas stärker in den Vordergrund trete (als z.B. bei Zeitausgleich von „normalen“ Überstunden). Selbst in diesen Fällen sei der Zweck des Zeitausgleichs in erster Linie weiterhin die Annäherung der durchschnittlichen Arbeitszeit an die Normalarbeitszeit.
Im Ergebnis sei daher ein Rücktritt des Arbeitnehmers von einer Zeitausgleichvereinbarung wegen Erkrankung (auch dann) nicht zulässig, wenn der Zeitausgleich den Zweck hat, besondere Arbeitsbelastung auszugleichen.
In dieser aktuellen Entscheidung verfestigte der OGH zusammengefasst daher abermals seine Rechtsprechung zur Auswirkung von Krankheit im Zusammenhang mit Zeitausgleich, ganz auf den Punkt gebracht: „Krankheit bricht Urlaub; nicht aber Zeitausgleich“.
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