Rückwirkende Ist-Gehaltserhöhung
In einer aktuellen Entscheidung (OGH 13.02.2025, 9 ObA 75/24f) befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage, ob auch bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer*innen von einer rückwirkenden kollektivvertraglichen Ist-Gehaltserhöhung profitieren können, wenn ihr Arbeitsverhältnis zum Stichtag des Inkrafttretens der Gehaltserhöhung noch aufrecht war.
Konkret ging es um eine Angestellte, deren Arbeitsverhältnis am 31.05.2022 endete. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 21.07.2022 wurde der neue Kollektivvertrag für die Angestellten bei Ärztinnen, Ärzten und Gruppenpraxen in Wien abgeschlossen, dem der Betrieb des ehemaligen Arbeitgebers unterlag. Im neu-verhandelten Kollektivvertrag wurden Ist-Gehaltserhöhungen mit rückwirkender Geltung zum 01.01.2022 beschlossen. Die bereits ausgeschiedene Arbeitnehmerin verlangte den sich aus der Erhöhung ergebenden Mehrbetrag ab 01.01.2022 bis zu der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses am 31.05.2022. Der ehemalige Arbeitgeber argumentierte jedoch, dass der später abgeschlossene Kollektivvertrag auf das bereits beendete Arbeitsverhältnis keine Rechtswirkung habe und daher die Ist-Gehaltserhöhung nicht anzuwenden sei.
Der OGH stellte klar, dass nicht der Zeitpunkt des Kollektivvertragsabschlusses, sondern jener des Inkrafttretens der Gehaltserhöhung entscheidend sei. Rückwirkend in Kraft tretende Ist-Gehaltserhöhungen seien daher auf alle an diesem Stichtag angestellten Arbeitnehmer*innen anzuwenden, selbst wenn sie vor Abschluss und Veröffentlichung des Kollektivvertrags bereits ausgeschieden seien. Der OGH sah in diesem Zusammenhang unter anderem auch keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von aktiven und mittlerweile ehemaligen Arbeitnehmer*innen.
Für Arbeitgeber*innen empfiehlt sich daher eine erhöhte Aufmerksamkeit bei der Personalverrechnung betreffend ausgetretener Arbeitnehmer*innen: denn auch bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer*innen können Anspruch auf Nachzahlungen im Rahmen von rückwirkenden kollektivvertraglichen Gehaltserhöhungen haben, sofern das Arbeitsverhältnis zum rückwirkenden Stichtag der Gehaltserhöhung noch bestand.
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