Dienstfreistellung generell zulässig – Kein Recht auf Beschäftigung
Einem Dienstgeber steht es grundsätzlich frei einen Dienstnehmer ohne Angabe von Gründen vom Dienst freizustellen, wobei der Dienstnehmer während der Dienstfreistellung weiterhin seinen Anspruch auf Entgelt behält. Ein generelles Recht auf Beschäftigung gibt es hingegen nach gefestigter Rechtsprechung – sofern dies nicht ausnahmsweise ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist (z.B. im Theaterarbeitsgesetz) – nicht. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sprach vielmehr bisher nur in Ausnahmefällen ein Recht auf Beschäftigung zu, dies insbesondere dann, wenn die Nichtausübung der Beschäftigung zu einem Qualitätsverlust und der Minderung des Niveaus der beruflichen Tätigkeiten führen würde (z.B. bei Gefäßchirurgen oder Profifußballern). In derartigen Fällen ergibt sich das Recht auf Beschäftigung nach Ansicht des OGH aus der Natur des abgeschlossenen Arbeitsvertrages.
In einer aktuellen Entscheidung hatte der OGH (OGH 03.05.2021, 8 ObA12/21d) zu beurteilen, ob auch ein Wissenschaftler ein Recht auf Beschäftigung haben kann und daher die Dienstfreistellung unzulässig wäre. Der Kläger begehrte die Zuerkennung eines Rechts auf Beschäftigung mit der Begründung, dass im Fall einer Freistellung seine intellektuellen Fähigkeiten „einrosten“ würden und seine Arbeitsleistung für den Erhalt und die Entwicklung seiner beruflich-wissenschaftlichen Qualifikation von ausschlaggebender Bedeutung wäre.
Der OGH führte in der Entscheidung aus, dass zwar im Einzelfall die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen eines Wissenschaftlers durch die Dienstfreistellung möglich wäre, etwa wenn der Wissenschaftler (ausnahmsweise) ein objektiv eigenes nachvollziehbares Interesse an den Arbeitsergebnissen habe. Dies hänge aber von einer im Einzelfall durchzuführenden Interessenabwägung zwischen den Interessen des Dienstgebers und des Dienstnehmers ab, wobei unter anderem auch die Dauer der Nichtbeschäftigung zu berücksichtigen sei. Das vom Kläger vorgebrachte Interesse am durch die Beschäftigung erleichterten Zugang zur Bibliothek und zu Fortbildungsveranstaltungen samt Kontakten zu anderen Forschern reicht dagegen laut Ansicht des OGH nicht aus, um ein Recht auf Beschäftigung zu begründen. Dadurch würde es zwar zu Erleichterungen für den Kläger kommen, das Publizieren, Forschen und Halten von Lehrveranstaltungen sei nach Ansicht des OGH aber auch außerhalb der beklagten Einrichtung möglich. In diesem Zusammenhang betonten bereits die Vorinstanzen, dass es nicht unüblich sei, dass eine Dienstfreistellung zum Wegfall von dienstlichen Kontakten und der Einschränkung des Zugriffs auf Publikationen führe. Der OGH verneinte daher im gegenständlichen Fall ein Recht auf Beschäftigung.
Klargestellt wurde zudem, dass die Nichtbeschäftigung eines Dienstnehmers allein auch nicht den Tatbestand des Mobbings erfüllen kann. Wäre dies der Fall, würde dies nach der Ansicht des OGH dazu führen, dass dem Dienstnehmer so durch die Hintertür ein Recht auf Beschäftigung zuerkannt werden würde, was der Rechtsprechung zuwiderlaufen würde.
Zusammengefasst bleibt der OGH daher auch in dieser aktuellen Entscheidung seiner bisherigen Rechtsprechung treu und stellt mit dieser Entscheidung nochmals klar, dass ein Recht auf Beschäftigung nur in Einzelfällen zuzubilligen ist. Eine Dienstfreistellung kann daher in der Regel auch weiterhin unbegründet erfolgen.
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