Gesetzliche Änderungen im Arbeitsrecht
1. Novelle zum LSD-BG
Eine umfassende Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) sollte ursprünglich bereits mit 01.09.2021 in Kraft treten. Die Änderungen umfassen neben der Erweiterung des Ausnahmenkatalogs, die Neuregelung der Verwaltungsstrafbestimmungen sowie Maßnahmen zur Entbürokratisierung. Der Bundesrat hat am 15.07.2021 Einspruch gegen das Gesetzesvorhaben erhoben. Der Nationalrat kann nunmehr das Gesetz in der konkreten Form nochmals beschließen oder Änderungen vornehmen. Es ist eher nicht davon auszugehen, dass massive Änderungen vorgenommen werden, der Zeitpunkt des Inkrafttretens könnte sich aber durch das suspensive Veto des Bundesrates verschieben.
a. Anpassung des Entsendebegriffs
Bisher war der Abschluss eines Dienstleistungsvertrags zwischen dem ausländischen entsendenden Unternehmen und dem österreichischen Dienstleistungsempfänger für das Vorliegen einer Entsendung iSd LSD-BG nicht erforderlich. Dies stand im Widerspruch zur Entsende-Richtlinie der Europäischen Union. Der Entfall der unionsrechtswidrigen Gesetzesbestimmung bedeutet, dass zukünftig eine Entsendung nur bei Bestehen eines grenzüberschreitenden Dienstleistungsvertrages vorliegt, was eine grundsätzliche Einschränkung des Anwendungsbereichs des LSD-BG bedeutet.
b. Erweiterung der Ausnahmebestimmungen
Das LSD-BG sah bereits bisher Ausnahmen für bestimmte Arbeiten von geringem Umfang und kurzer Dauer in Österreich vor. Die Novelle bringt im Bereich der Ausnahmebestimmungen umfassende Änderungen. Praktisch bedeutsam ist insbesondere, dass das LSD-BG in Zukunft auf Arbeitnehmer mit einer bestimmten Mindestentlohnung (EUR 6.660 brutto pro Monat für 2021) zur Gänze nicht zur Anwendung kommen wird (und nicht mehr wie bisher nur bei Arbeiten von geringem Umfang und kurzer Dauer). Das bedeutet, dass für Tätigkeiten solcher Besserverdiener in Österreich zukünftig weder Melde- noch Bereithaltungspflichten beachtet werden müssen. Das Gleiche gilt bei Lieferung oder bei Abholen von Waren durch entsandte Arbeitnehmer des Verkäufers oder Vermieters sowie für Tätigkeiten, die für die Inbetriebnahme und Nutzung von gelieferten Gütern unerlässlich sind und von den entsandten Arbeitnehmern des Verkäufers oder Vermieters mit geringem Zeitaufwand durchgeführt werden. Zudem wurde gesetzlich festgehalten, dass das LSD-BG unter bestimmten Voraussetzungen keine Anwendung auf nach Österreich für längere Dauer zu Schulungszwecken entsandte oder überlassene Arbeitnehmer findet (dies im Wesentlichen, wenn keine Arbeitsleistung geschuldet wird und der Einsatz des Arbeitnehmers dessen Einschulung oder Weiterbildung dient).
c. Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei langfristigen Entsendungen
In Umsetzung der EU-Entsende-Richtlinie werden die Arbeitnehmerrechte bei langfristigen Entsendungen gestärkt. Ab einer Tätigkeitsdauer von mehr als 12 Monaten in Österreich finden für aus dem Ausland entsandte oder überlassene Arbeitnehmer die österreichischen arbeitsrechtlichen Bestimmungen (durch Gesetz, Verordnung, Kollektivvertrag) zur Gänze Anwendung, soweit sie günstiger sind als die entsprechenden Regelungen im Herkunftsstaat.
d. Überarbeitung der Verwaltungsstrafbestimmungen
Die österreichischen Verwaltungsstrafbestimmungen waren im Lichte der EuGH-Judikatur nicht verhältnismäßig und damit unionsrechtswidrig.
Durch die Novelle entfällt zum einen das bisher geltende Kumulationsprinzip („Bestrafung pro Arbeitnehmer“). Unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer liegt somit nur noch ein einziges Vergehen vor. Damit sollen unangemessen hohe Strafen verhindert werden.
Zum anderen kommt es zu einem Entfall der Mindeststrafen und zur Einführung eines neuen Stufenmodells von Strafen bei Unterentlohnung mit einer Höchststrafe von € 400.000,-.
e. Administrative Erleichterungen
Die Novelle sieht eine Reihe von Entbürokratisierungsmaßnahmen vor. Eine wesentliche Erleichterung für Arbeitgeber ist, dass sämtliche Lohnunterlagen zukünftig in deutscher oder englischer Sprache bereitgehalten werden können. Bisher war die Bereithaltung in englischer Sprache nur in Bezug auf den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel möglich.
Bei kurzen Entsendungen bis zu 48 Stunden gelten vereinfachte Bereithaltungspflichten. Nur der Arbeitsvertrag oder Dienstzettel und die Arbeitszeitaufzeichnungen sind dabei bereitzuhalten.
In der Praxis ergaben sich auch regelmäßig Fragen zur Unterscheidung zwischen einer grenzüberschreitenden Überlassung und einer Entsendung und der damit verbundenen formalen Differenzierung (ZKO-3 oder ZKO-4 Meldung). Zukünftig gilt die erforderliche Meldung jedenfalls als vollständig erstattet, auch wenn irrtümlich anstelle eines ZKO-3-Formulars ein ZKO-4-Formular oder vice versa verwendet wird, sofern das Formular vollständig ausgefüllt ist. Eine Verwaltungsstrafe für die Verwendung des „falschen“ Formulars wird damit zukünftig entfallen.
2. Erneute Verschiebung der Angleichung der Kündigungsfristen
Die ursprünglich bereits für 01.01.2021 vorgesehene Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten wurde erneut verschoben und erfolgt nun mit 01.10.2021. Die Angleichung findet auf jene Kündigungen Anwendung, die nach dem 30.09.2021 ausgesprochen werden.
3. Verlängerung der Sonderfreistellung COVID-19 für schwangere Arbeitnehmerinnen
Seit 01.01.2021 haben schwangere Arbeitnehmerinnen, die bei der Arbeit physischen Körperkontakt mit anderen Personen haben, ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche einen bezahlten Freistellungsanspruch, sofern eine andere Beschäftigung (ohne physischen Körperkontakt) nicht möglich ist. Diese Sonderfreistellung wurde bis 30.09.2021 verlängert. Seit 01.07.2021 kann der Anspruch jedoch nur mehr von jenen schwangeren Arbeitnehmerinnen geltend gemacht werden, die keinen vollen COVID-19-Impfschutz besitzen.
Dem Arbeitgeber werden im Falle einer Sonderfreistellung auf Antrag das fortgezahlte Entgelt, die für diesen Zeitraum abzuführenden Steuern und Abgaben sowie Sozialversicherungsbeiträge, Arbeitslosenversicherungsbeiträge und sonstige Beiträge bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage ersetzt.
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