„Krankspielender“ Dienstnehmer – Ersatz von Detektivkosten
Sofern ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Dienstnehmer seinen Krankenstand nur vortäuscht, können Dienstgeber eine Detektei beauftragen, um sich Klarheit zu verschaffen. Werden in der Folge Pflichtverletzungen des Dienstnehmers im Krankenstand nachgewiesen, können Dienstgeber den Ersatz der aufgewendeten Detektivkosten vom Dienstnehmer einfordern. In einer aktuellen Entscheidung hielt der OGH fest, dass dabei bei einem jungen, mobilen Dienstnehmer auch eine 3-tägige Observation durch zwei Detektive gerechtfertigt sein kann, auch wenn schon am ersten Tag Pflichtverletzungen dokumentiert wurden und die Überwachung dennoch zur Absicherung des Ergebnisses fortgesetzt wird.
Im gegenständlichen Verfahren (OGH vom 25.03.2021, 8 ObA 8/21s) vermutete der Dienstgeber, dass sein seit fünf Jahren beschäftigter, 20-jähriger Dienstnehmer, Krankenstände nur vortäusche, da der Dienstnehmer sich auffällig oft im Krankenstand befand. Als der Dienstnehmer daher wieder einmal seinem Dienstgeber eine Krankenstandsbestätigung vorlegte, beauftragte der Dienstgeber zwei Berufsdetektive, die den Dienstnehmer bis auf weiteres observieren sollten. Der vermeintlich kranke Dienstnehmer wurde in der Folge bereits am ersten Tag der Überwachung dabei beobachtet, wie er sich gegen Mittag zu Hause abholen ließ, mit seinen Begleitern in ein Kaffeehaus fuhr und erst nach Mitternacht nach Hause zurückkehrte. Als dem Dienstgeber dies mitgeteilt wurde, wies er die Detektive nicht an, die Überwachung einzustellen. Die fortgesetzte Observierung ergab an den beiden folgenden Tage ein ähnliches Geschehen wie am ersten Überwachungstag. Die Überwachung durch die Detektei wurde daher in Abstimmung mit dem Dienstgeber beendet. Kurz darauf sprach der Dienstgeber die Entlassung des Dienstnehmers aus. Darüber hinaus forderte der Dienstgeber vom Dienstnehmer den Ersatz der von ihm getragenen Detektivkosten in der Höhe von € 7.983,30 netto und brachte in der Folge eine entsprechende Schadenersatzklage bei Gericht ein.
Der OGH hat bereits mehrfach zu den Voraussetzungen eines auf Schadenersatzrecht gegründeten Anspruchs eines Dienstgebers gegen einen Dienstnehmer auf Ersatz von Detektivkosten Stellung genommen. Dienstgebern steht demnach ein Ersatzanspruch grundsätzlich dann zu, wenn ein Dienstnehmer zunächst ausreichende Anhaltspunkte für ein vertragswidriges, den Interessen des Dienstgebers zuwiderlaufendes Verhalten gegeben hat, die den Dienstgeber dazu veranlassen, sich durch geeignete Nachforschungen noch weitere Klarheit zu verschaffen. Der Anspruch auf Ersatz der getätigten Aufwendungen hänge zudem von der objektiven Notwendigkeit des konkreten Detektiveinsatzes ab. Eine offenkundig überflüssige und erkennbar unzweckmäßige Überwachung wäre daher nicht ersatzfähig. Es sind auch nur jene Kosten zu ersetzen, die bis zum Vorliegen eines sicheren Beweises für das Fehlverhalten entstehen. Schlussendlich seien Detektivkosten nur insoweit ersatzfähig, als sie im Verhältnis zum Überwachungszweck nicht unangemessen sind.
Im konkreten Fall erachtete der OGH die Detektivkosten für die 3-tägige Überwachung als nicht überschießend.
Auch wenn bereits am ersten Überwachungstag eine Pflichtverletzung dokumentiert werden konnte, war die fortgesetzte Überwachung am zweiten und dritten Tag notwendig, da nicht ausreichend abgesicherte Überwachungsergebnisse vor Gericht oft durch nicht oder schwer zu widerlegenden Ausflüchte und Ausreden in Zweifel gezogen werden können.
Auch der kostenintensive Einsatz von gleich zwei Detektiven war laut OGH notwendig, um dem jungen und mobilen Dienstnehmer nach Verlassen der Wohnung folgen zu können.
In der Praxis gilt es als Dienstgeber im Einzelfall zu beurteilen, ob der Einsatz einer Detektei bei Verdacht eines „krankspielenden“ Dienstnehmers auf Basis der Verdachtslage notwendig und zweckmäßig ist. Wie diese Entscheidung zeigt, können im Fall eines Detektiveinsatzes jedoch nicht nur die Kosten der Überwachung bis zum ersten Pflichtverstoß vom Dienstnehmer eingefordert werden, sondern kann auch eine fortgesetzte oder auch personalintensivere Überwachung im Einzelfall ersatzfähig sein, um ein ausreichend abgesichertes Beweisergebnis (für ein eventuell notwendiges Gerichtsverfahren) zu erlangen.
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