Kündigung wegen Verweigerung regelmäßiger Corona-Tests
Im klagsgegenständlichen Zeitraum sah die COVID-19-Notmaßnahmen Verordnung (COVID-19-NotMV) vor, dass Alten- und Pflegeheime ihren Mitarbeitern nur bei Vorliegen eines negativen Testergebnis Zutritt gewähren dürfen. Im vorliegenden Fall (OGH vom 14.09.2021, 8 ObA 42/21s) weigerte sich ein Mitarbeiter, der Anweisung des Dienstgebers zu entsprechen und sich einmal wöchentlich – unabhängig von Krankheitssymptomen – auf Kosten des Dienstgebers auf COVID-19 testen zu lassen, da er die „Sinnhaftigkeit der Tests in Zweifel zog“. Zudem bezog er sich auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit des § 10 Abs 4 COVID-19 NotMV. Der Kläger wurde daraufhin, mit Verweis auf die Verpflichtung nach der Verordnung und die schutzbedürftige Bewohnerschaft, im November 2020 gekündigt. In der Folge begehrte der Kläger die Rechtsunwirksamerklärung der Kündigung aufgrund eines verpönten Motivs (§ 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG), da er die Tests seiner Meinung nach zurecht verweigerte. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu, sodass eine Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit ausgeschlossen war.
Nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG kann eine Kündigung beim Gericht angefochten werden, wenn ein Arbeitnehmer offenbar nicht unberechtigte Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend macht und der Arbeitnehmer daraufhin wegen dieser Geltendmachung gekündigt wird („Vergeltungskündigung“).
Der Oberste Gerichtshof (OGH) führte hierzu im Detail aus, dass die Beklagte als Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims unmittelbare Adressatin der damaligen geltenden Verordnung war, weshalb sie zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung dem Kläger mangels negativen Testergebnisses verpflichtend den Zutritt zum Alten- und Pflegeheim verweigern musste. Es stand ihr insbesondere nicht frei, eine FFP-2 Maske oder die Beteuerung des Klägers, gesund zu sein, als ausreichend anzusehen. Umgekehrt hatte der Kläger zumindest eine mittelbare Verpflichtung aus der Verordnung zur Vornahme der verpflichtenden Tests. Darüber hinaus seien nach Ansicht des OGH die Bedenken zur Verfassungsgemäßheit der Verordnung unerheblich, da auch verfassungswidrige Verordnungen bis zu deren Aufhebung durch den VfGH anzuwenden sind. Klarstellend führte der OGH noch aus, dass sich die maßgebliche Verpflichtung zur Durchführung der Testungen wohl auch mit der Verantwortung des Heimbetreibers für die Gesundheit der Heimbewohner rechtfertigen lasse.
In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen kam der OGH schließlich zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, sich nicht testen lassen zu müssen, habe. Der Kläger berief sich zudem allgemein auf den Schutz seiner Grund- und Freiheitsrechte. Dabei gelang es ihm aber nicht darzulegen, warum die bei einem Grundrechtseingriff gebotene Interessenabwägung nicht zugunsten des Schutzes der besonders vulnerablen Heimbewohner ausfallen würde. Dies vor allem auch, weil der Kläger gar keine gesundheitlichen Gründe für die Unzumutbarkeit der Tests behauptete. Die Bezweiflung der Sinnhaftigkeit der Maßnahme durch den Kläger, der durch falsch positive Tests eine Ausdünnung der Belegschaft befürchtete, sei laut OGH nicht in dessen Aufgabenbereich gefallen. Vielmehr war die Beklagte zur Umsetzung der Maßnahmen nach der geltenden Rechtsordnung verpflichtet.
Zusammengefasst war die (beharrliche) Weigerung des Klägers sich auf Kosten der Beklagten regelmäßigen Tests im Sinne der Verordnung zu unterziehen, offenkundig unbegründet. Die daraufhin ausgesprochene Kündigung stellte keine Retorsionsmaßname dar und war rechtskonform. Der Arbeitgeber hätte im vorliegenden Fall wohl auch zulässigerweise eine Entlassung aussprechen können. Da der konkrete Sachverhalt aufgrund der klaren rechtlichen Vorgaben für Alten- und Pflegeheime eindeutig zugunsten des Arbeitgebers gelagert war, lässt sich daraus wenig Allgemeines zur Zulässigkeit von Kündigungen aufgrund von Test-, Masken- oder Impfverweigerung ableiten. Hier muss die weitere höchstgerichtliche Rechtsprechung abgewartet werden.
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