Recht auf kostenlose Kopie von personenbezogenen Daten auch für datenschutzfremde Zwecke?
Gegenwärtig ist ein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig betreffend das Recht auf eine kostenlose Kopie personenbezogener Daten auch für datenschutzfremde Zwecke, in diesem Fall zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) unterbrach daraufhin ein anhängiges Verfahren, bei welchem eine kostenlose Kopie der Krankengeschichte über die Behandlung nach einem Arbeitsunfall verlangt wurde, und machte den Ausgang des Verfahrens von der Entscheidung des EuGH abhängig.
Der Kläger, der nach einem Arbeitsunfall stationär behandelt wurde, begehrte von der beklagten Krankenanstalt die kostenlose Übermittlung seiner gesamten Krankengeschichte via E-Mail und stütze dies auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Krankenanstalt machte die Übermittlung von einem Kostenbeitrag abhängig, den der Kläger aber nicht übernehmen wollte. Der OGH vertrat bereits im ersten Rechtsgang die Auffassung, dass sich aus Art 15 Abs 3, Art 12 Abs 5 DSGVO grundsätzlich das Recht des Patienten auf Zurverfügungstellung einer Kopie seiner Krankengeschichte ergebe, wobei die erste Kopie kostenlos zur Verfügung zu stellen sei. Entscheidend sei allerdings, ob dieses Recht durch § 17a Abs 2 lit g Wiener Krankenanstaltengesetz (WrKAG), demzufolge eine Kopie gegen Kostenersatz erhältlich ist, auf eine mit der DSGVO zulässigen Weise eingeschränkt werde.
Noch vor der Vorlage des Akts an den OGH im zweiten Rechtsgang rief der deutsche Bundesgerichtshof in einem Verfahren, in dem ein Patient von einer Zahnärztin die unentgeltliche Herausgabe einer Kopie sämtlicher bei ihr existierender, ihn betreffender Krankenunterlagen zum Zweck der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (also einem datenschutzfremden Zweck) begehrte, den Gerichtshof der EuGH an, weil eine deutsche Norm (ebenfalls) eine Kostenersatzpflicht für elektronische Abschriften der Patientenakte vorsieht.
Der OGH unterbrach nun aufgrund des deutschen Vorabentscheidungsverfahrens das österreichische Verfahren und machte seine Entscheidung von dessen Ausgang abhängig. Die Vorlagefrage im Verfahren vor dem EuGH lautet im Wesentlichen, ob Art 15 Abs 3 Satz 1 iVm Art 12 Abs 5 DSGVO dahingehend auszulegen sei, dass der Verantwortliche (der behandelnde Arzt bzw. im österr. Fall die Krankenanstalt) dem Betroffenen (dem Patienten) eine erste Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten auch dann unentgeltlich zur Verfügung stellen muss, wenn der Betroffene die Kopie zur Verfolgung datenschutzfremder, aber (anderer) legitimer Zwecke begehrt.
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