Wirksame Betriebsvereinbarung durch rückwirkende Genehmigung?
Der OGH hatte sich kürzlich in einer Entscheidung (OGH 26.06.2024, 9ObA31/24k) damit zu befassen, ob eine (mangels erforderlicher Genehmigung) rechtsunwirksame Betriebsvereinbarung nachträglich genehmigt werden könne. Konkret ging es um eine Zusatzvereinbarung zu einer Gleitzeitvereinbarung, auf deren Basis der Arbeitgeber bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen monatliche Abzüge von Gleitzeitguthaben vornehmen könnte.
Der OGH hielt zunächst allgemein fest, dass Betriebsvereinbarungen schriftliche Vereinbarungen seien, die vom Betriebsinhaber einerseits und dem Betriebsrat (Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung) andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten sei. Da das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) keine besonderen Vorschriften über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung enthalte, gelte daher das allgemeine Vertragsrecht nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), soweit dem nicht die Besonderheiten einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen würden.
Im gegenständlichen Fall wurde zu einer bestehenden Betriebsvereinbarung eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen, die monatliche Abzüge von Gleitzeitguthaben der Arbeitnehmer*innen ermöglichte. Es wurde durch die Zusatzvereinbarung daher in Rechte von Arbeitnehmer*innen eingegriffen.
Diese Zusatzvereinbarung wurde auf Seiten der Arbeitgeberin jedoch nicht vom zuständigen Organ unterzeichnet, wodurch es an der erforderlichen Genehmigung fehlte. Der OGH stellte in einem vorangegangen Verfahren, in dem ein einzelner Arbeitnehmer Ansprüche im Zusammenhang mit der behaupteten Unwirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung geltend machte (OGH 31.08.2022, 9ObA1/22w) bereits fest, dass der Zusatzvereinbarung keine normative Wirkung als (ergänzende) Betriebsvereinbarung zukomme, da sie nicht vom dafür zuständigen Organ unterzeichnet und somit nicht genehmigt worden sei. Weiters ließe sich der in der Zusatzvereinbarung geregelte Inhalt auch nicht aus der eigentlichen (zu ergänzenden) Betriebsvereinbarung ableiten.
Infolge dieser höchstgerichtlichen Entscheidung wurden die betroffenen Arbeitnehmer einige Zeit nach diesem Urteil des OGH darüber informiert, dass die Unwirksamkeit der Zusatzvereinbarung durch nachträgliche ordnungsgemäße Genehmigung auf Seiten der Arbeitgeberin saniert werden solle. Der Betriebsrat sprach sich gegen diese Vorgangsweise aus und erklärte, dass er seine Zustimmung zur Zusatzvereinbarung nicht weiter aufrecht erhalten wolle. Nach Genehmigung der Zusatzvereinbarung durch das zuständige Organ argumentierte die Arbeitgeberin, dass die Regelungen der Betriebsvereinbarung – die in die Rechte der Arbeitnehmer eingriffen – nun rückwirkend in Geltung getreten wären. Daraufhin klagte der Betriebsrat unter anderem auf Feststellung, dass die Rechtsunwirksamkeit der Zusatzvereinbarung nicht rückwirkend saniert werden könne.
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