Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020) Die für diesen Beitrag maßgeblichen Bestimmungen der COVID-19-LV sind (i) das Gebot laut ihrem § 3, am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen Personen einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko (gemeint wohl auf andere Art) minimiert werden kann, sowie (ii) die Z. 6 und 3 ihres § 10 Abs. 5, die für „Zusammenkünfte von Organen juristischer Personen“ und „Zusammenkünfte zu beruflichen Zwecken, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind“ eine Ausnahme vom Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 10 Personen normiert.
Sitzungen des Vorstands, der Geschäftsführung, Haupt- und Generalversammlungen unterfallen jedenfalls dem Begriff „Zusammenkünfte von Organen juristischer Personen“. Daran ändert auch nichts, dass die zusammenkommenden Personen in allen Fällen nicht selbst Organe sondern primär Organwalter bzw. Aktionäre oder Gesellschafter sind. Der Sprachgebrauch meint beim Zusammenkommen etwa eines Aufsichtsrats das Zusammenkommen seiner Mitglieder, in der Regel auch der Mitglieder des Vorstands sowie von Hilfspersonen wie Schriftführern.
Damit sind Sitzungen des Vorstands, der Geschäftsführung, Haupt- und Generalversammlungen mit allen daran üblicherweise teilnehmenden Personen (Notar, Hilfskräfte) sowohl vom Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 10 Personen (§ 10 Abs. 1 COVID-19-LV) wie auch von den Geboten nach § 10 Abs. 4 COVID-19-LV ausgenommen, bei der Zusammenkunft (i) einen Abstand von mindestens einem Meter gegenüber Personen zu halten, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben („Abstandsgebot“), in geschlossenen Räumen eine den Mund und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen („Maskengebot“), sowie (iii) pro Person in geschlossenen Räumen eine Fläche von 10m2 zur Verfügung zu stellen („Flächengebot“).
Das bedeutet jedenfalls auf den ersten Blick, dass Sitzungen des Vorstands, der Geschäftsführung, Haupt- und Generalversammlungen seit 1. Mai wieder ohne jegliche Einschränkungen abgehalten werden dürfen.
Fraglich könnte allenfalls sein, ob sich Gebote wie das Abstandsgebot, das Maskengebot oder das Flächengebot für solche Zusammenkünfte aufgrund anderer Regelungen der COVID-19-LV ergeben. Dagegen spricht zunächst, dass der Verordnungsgeber die erwähnten Zusammenkünfte ausdrücklich von diesen drei Geboten ausnimmt und viel für das Argument spricht, dass diese Ausnahme anderen Bestimmungen der COVID-19-LV vorgeht, die vergleichbare Gebote aussprechen.
Zwar finden die erwähnten Zusammenkünfte nicht an öffentlichen Orten statt, da der Zutritt zu Sitzungen des Vorstands, der Geschäftsführung, Haupt- und Generalversammlungen nur einem beschränkten Personenkreis offensteht und schon aus demselben Grund finden sie eben so wenig in Kundenbereichen von Betriebsstätten statt.
Allerdings gehören derlei Zusammenkünften für die meisten ihrer Teilnehmer zu ihrer beruflichen Tätigkeit, weshalb ihr Ort wohl als Ort der beruflichen Tätigkeit im Sinn von § 3 COVID-19-LV gilt. Das könnte zur Folge haben, dass das Abstandsgebot bei Sitzungen des Vorstands, der Geschäftsführung, Haupt- und Generalversammlungen gilt, wenn ihm nicht, wie oben erwogen, die Ausnahme des § 10 Abs. 5 Z. 6 vorgeht.
Sonstige Verbote oder Einschränkungen von Betretungen bestimmter Einrichtungen (Ausbildungseinrichtungen, Gastgewerbe, Beherbergungsbetriebe, Sportstätten, und sonstiger Einrichtungen) auf Grund der COVID-19-LV sind wohl ohne Relevanz für diesen Beitrag.
Auch wenn es Wunder nimmt, dass nun etwa Publikumshauptversammlungen ohne jede Einschränkung abgehalten werden dürfen, spricht vieles für eine solche Interpretation der COVID-19-LV. Selbst wenn ein anderer Wille des Verordnungsgebers erwiesen würde, müsste dieser hinter den Wortlaut der COVUID-19-LV zurücktreten.
Gleichwohl werden jene, die solche Zusammenkünfte einberufen schon aufgrund der sie treffenden Sorgfaltspflichten gut beraten sein, zu überlegen, ob sie dabei nicht doch auf die (freiwillige) Einhaltung eines Abstands-, Masken- und/oder Flächengebots hinwirken und für ihre Umsetzung sorgen sollen.Gültig: 01./15.05.2020 – 30.06.2020
Sehen Sie dazu auch unseren Beitrag Neue Verordnungen zur Bekämpfung von COVID-19.